Magazinrundschau
Der Teufel wartet immer
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
24.02.2015. Die NYRB denkt darüber nach, wie sich in Frankreich die republikanische Idee auch gegenüber strenggläubigen Muslimen durchsetzen lässt. Atlantic möchte lieber die Salafisten stärken, bevor ihre Anhänger zum IS überlaufen. In Telerama plädiert der Rapper Abd Al Malik dafür, verstärkt den Spiritualismus des Islam lehren. In Italien ist es auch nicht leicht, den Säkularismus durchzusetzen, erzählt MicroMega. National Geographic appelliert, unser rationales Hirn wenigstens beim Impfen einzusetzen. Das Internet ist nicht nur gut für Sex-Addicts, sondern auch für Asexuelle, lernt Wired.
New York Review of Books (USA), 05.03.2015
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Norwegen weiß seit Anders Breivik, dass es nur einen Extremisten braucht, um ein entsetzliches Massaker anzurichten. Und doch kann Hugh Eakin trotz kleinerer Spannungen kaum Anzeichen für eine ernsthafte Gefährdung des sozialen Frieden im Land ausmachen: "Während meines einmonatigen Aufenthalts in Norwegen, fand ich es oft schwer, die Geschichten über Rechtsextremisten oder Islamisten in Einklang zu bringen mit der angenehmen Umgebung und den außergewöhnlich sprachgewandten Menschen. Ich besichtigte eine Grundschule in Oslo, die zu 60 Prozent aus Migranten und 40 Prozent aus ethnischen Norwegern bestand, und sie schien genauso gut, wenn nicht besser integriert als jede Schule in einer größeren amerikanischen Stadt."
Nepszabadsag (Ungarn), 21.02.2015
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The Atlantic (USA), 01.03.2015
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Telerama (Frankreich), 23.02.2015
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National Geographic (USA), 01.03.2015
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Times Literary Supplement (UK), 20.02.2015
Der Autor
Marc Spitz tritt mit seinem Buch "Twee" an, die Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts neu zu schreiben, annonciert Anna Katharina Schaffner. Doch während etwa Greil Marcus mit seinen "Lipstick Traces" die Linie von Dada zu Punk zog, führt bei Spitz die Spur von Walt Disney über Dr. Seuss und Holly Golightly zu den Filmen Wes Andersons! Schaffner will bei dieser Revolution der Freundlichkeit nicht mitmachen: "Spitz behauptet, dass "Twee" im Gegensatz zu einer hässlichen und gewalttätigen Welt optimistisch und idealistisch sei und im Grunde von freundlichem Naturell. Charlie Brown wurde zu einer Art existenzieller Held in einem Zeitalter des Schreckens und der Verlorenheit: mit gebrochenem Herzen, aber voller Hoffnung. Er trete "einer kalten Welt mit Idealismus" entgegen. Doch man weiß eigentlich nicht, ob dieser unerschütterliche Idealismus naiv oder ironisch gemeint ist. Ist er regressiv oder progressiv? Ist das Wesen von "Twee" tragikomisch, romantisch oder nur eskapistisch?" Vielleicht ist es auch nur politische Erschöpfung: "Zu lustlos, um gegen die kapitalistische Maschinerie zu kämpfen, schafft "Twee" eine hyperstilisierte Gegenwelt, in der Kätzchen spielen, Ukuleles erklingen und Kindheit ewig währt. Ihre Grundstimmung ist eher Melancholie als Wut, und sie würden lieber die Eulen-Tapete nehmen, statt den Mistkerlen in den Hintern zu treten."
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Wired (USA), 17.02.2015
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Zeit, die Scham endlich abzulegen, ruft uns Mat Honan zu: Künftig wird es ohnehin ganz selbstverständlich Nacktfotos von uns allen im Netz geben. Und die Pornoindustrie beobachtet mit zunehmendem Interesse die Möglichkeiten von Virtual-Reality-Systemen wie Oculus Rift, erklärt Peter Rubin: "Die virtuelle Realität ist mehr als nur eine neue technologische Iteration. Sie ändert nicht bloß den Rahmen. Sie löscht sie aus. Sie erlaubt es uns, uns innerhalb der Umgebung zu verhalten. Den NSFW-Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt."
Elet es Irodalom (Ungarn), 24.02.2015
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Medium (USA), 18.02.2015
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MicroMega (Italien), 16.02.2015
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Rue89 (Frankreich), 22.02.2015
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Respekt (Tschechien), 22.02.2015
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Eurozine (Österreich), 20.02.2015
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Der Artikel ist Teil eines ganzen Dossiers über "New urban topologies", in dem unter anderem Rania Sassine über Beirut schreibt.
Dass Britannien das Asyl für die Unterdrückten dieser Welt sei, ist ein frommer Mythos, den sich Britanien selbst erzählt und den schon der politische Flüchtling Karl Marx einst widerlegte, schreibt Imogen Tyler: "Wie Marx zeigt, lebten zwar 2.000 wohlhabende und Mittelschichtflüchtlinge (wie er) relativ frei in London und genossen nicht nur die Duldung der britischen Regierung, sondern wurden als Beweis für den britischen Liberalismus vorgeführt. Aber die große Mehrheit der Mirgranten wurde mit Misstrauen beäugt und vom Industriekapital skrupellos ausgebeutet. Migranten aus Irland waren die am meisten verachtete, kriminalisierte und stigmatisierte Gruppe in dieser Zeit."
Magyar Narancs (Ungarn), 24.02.2015
Der Literaturwissenschaftler Ernő Kulcsár-Szabó, Herausgeber einer ungarischen Literaturgeschichte und seit neun Jahren Direktor des Instituts für Literatur- und Kulturwissenschaften der Budapester Universität ELTE, spricht im Interview mit Péter Urfi über den Zustand der Geisteswissenschaften in Ungarn: "Nur jenes Land wird große Wissenschaft hervorbringen, das auch große Dichtung hat. Wenn wir die edle Aussage verinnerlichen, dass wir nur das denken können, was unsere Sprache ermöglicht, dann wird plötzlich erschreckend wichtig, wozu die Literatur eine Sprache befähigt. Die Literatur ist - im Gegensatz zu anderen Ressourcen - eine unerschöpfliche nationale Ressource. Sie kann gedankenschöpfende Sprache zum Wohle aller schaffen: Nur derjenige ist fähig, artikulierte Gedanken zu formulieren, der auf einem hohen Niveau seiner Sprache gerecht wird. (…) Die geisteswissenschaftliche Fakultät ist der einzige Ort, wo der Hörer frei, ohne Konsequenzen seine Wahrheit in die Waagschale werfen kann. Hier fordert der Ausdruck der Meinung einen anderen Einsatz, als im öffentlichen Raum. Dadurch entsteht aber auch das risikobehaftete Denken, nach Gumbrecht die Essenz der Geisteswissenschaften überhaupt."
New York Times (USA), 22.02.2015
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Außerdem: Matthew Shaer berichtet davon, wie der Amateurjournalismus Hoffnung in Rios Farvelas weckt. Und Susan Dominus schreibt über den Aufwind des Front National in Frankreich nach den Anschlägen von Paris: "Selbst wenn Marine Le Pen nie Präsidentin wird, könnte die Partei doch erfolgreich sein, indem sie rechte Gesinnung zu etablieren hilft und Gewalt gegen alles, was mit ihrem Begriff von Frankreich nicht übereinstimmt, normalisiert."
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