Magazinrundschau - Archiv

Vanity Fair

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Magazinrundschau vom 14.03.2023 - Vanity Fair

Wie hat J.Crew es geschafft, in den Olymp der amerikanischen Preppy-Marken aufzusteigen und den Kund*innen aus dem Milieu der wohlhabenden Amerikaner an der Ostküste Natürlichkeit und Spontaneität vorzutäuschen? Durch kunstvoll orchestrierte Katalogfotografien, für die allerhand aufgefahren wird, weiß Maggie Bullock nach ihrer Recherche. Das Markenimage-Mastermind dahinter ist Emily Cinnader, mit 21, frisch von der Uni, schon eine unbeirrbare, manchmal gnadenlose Geschäftsfrau. Sie sorgt dafür, die Marke mit lässigem Lifestyle und mit wie zufällig entstandenen Signaturlooks in Verbindung zu bringen, die intensiven Arbeiten hinter den Kulissen soll man ihnen nicht ansehen: "Der krasse 80er-Zwiebellook von J.Crew, verehrt und schließlich verlacht - wer nicht gerade eine dünne Gräte ist, an dem sehen vier Hemden übereinander einfach eher wenig schmeichelhaft aus - wurde aus Praktikabilitätsgründen geboren: weniger Outfitwechsel beim Shooting. Zieh die Jacke aus, weiter geht's. Die Fotografin und ihr Team haben dafür gesorgt, die Kleidung gebraucht aussehen zu lassen: Neue Kleidung kam sofort in die Waschmaschine, manchmal mehrfach, bis sie angemessen aufgetragen ausgesehen hat. Die Gürtel wurden in Wasser getaucht, die Stiefel in Pfützen gestampft. Requisitenhäuser und Verleihfirmen wurden nach dem perfekten Wohnwagen, einem Haufen Surfbretter, einem Wurf Hundewelpen, dem Treibgut der Reichen und Schönen durchforstet." Die Kundenbindung junger, hipper, modebewusster Prep-School-Absolvent*innen erfolgt, fast wie bei Influencern heute, dadurch, dass die Marke durch aufwendig konstruierte Bilder mühelos elegantes Leben vorgaukelt: "Der Lackmus-Test für ein J.Crew-Foto war immer: Fühlt es sich echt an? Kann es als spontaner Schnappschuss durchgehen?"
Stichwörter: Influencer

Magazinrundschau vom 22.11.2022 - Vanity Fair

Auch für Tom Kludt ist die Fußball-WM in Katar ein absolutes Desaster. Allerdings ein hausgemachtes, zu dem auch die Medien beitragen: "Die Organisatoren haben Beschränkungen auferlegt, wo und was Medienvertreter dokumentieren können, und verbieten das Filmen oder Fotografieren von Wohnhäusern, Privatunternehmen und Regierungseinrichtungen. Die harte Haltung der Regierung hat bereits zu Zwischenfällen geführt. Letzte Woche unterbrachen katarische Sicherheitsbeamte die Live-Aufnahmen eines dänischen Fernsehteams in den Straßen von Doha und drohten, die Kameraausrüstung zu zerstören; die Organisatoren der Fußballweltmeisterschaft entschuldigten sich später und erklärten, es habe sich um einen Fehler gehandelt. 'Es herrscht eine echte Feindseligkeit zwischen den Medien, den Fans und dem Gastgeberland, wie ich sie noch nie erlebt habe', sagt Guardian-Reporter Barney Ronay, der in diesem Jahr zum dritten Mal über die Fußballweltmeisterschaft der Männer berichtet. 'So sollte es eigentlich nicht sein.' Ronay ist besorgt, dass es zu weiteren Zwischenfällen zwischen Journalisten und den katarischen Behörden kommen könnte, aber er glaubt auch, dass die angespannte Atmosphäre es den Medien unmöglich macht, über das Ereignis ausschließlich durch das Prisma des Sports zu berichten. 'Es gibt nur eine Geschichte', sagte Ronay, 'und die lautet: Was zum Teufel machen wir alle hier?'" Die Antwort wäre: Geld und Quoten sichern. "Andere Fans des Fußballs sind zu einer ähnlichen Abwägung gezwungen, da der globale Fußball in diesem Jahrhundert durch den Eintritt einer Reihe von Petro-Staaten aus dem Nahen Osten auf den Kopf gestellt wurde. Manchester City ist dank der Großzügigkeit seines Besitzers, Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, zum dominierenden Verein in England geworden. Ein weiterer englischer Verein, Newcastle United, wurde letztes Jahr vom Public Investment Fund Saudi-Arabiens gekauft. Die Katarer, die über eines der größten Erdgasvorkommen der Welt verfügen, haben auch an dieser Front mitgemischt. Die staatliche Beteiligungsgesellschaft Katars ist Eigentümerin von Paris Saint-Germain, einer galaktischen Mannschaft mit Lionel Messi, Kylian Mbappé und Neymar an der Spitze. [Der Vollständigkeit halber sei hier auch Bayern München erwähnt, die von Katar laut Bild-Zeitung (via Fußball News) mit um die 17 Millionen Euro jährlich gesponsort werden] Diese Übernahmen werden weithin als Lehrbuchfälle von 'Sportswashing' angesehen, bei denen ein Land mit einem angeschlagenen Image einen geliebten Sport nutzt, um sein Image aufzupolieren. Die Fußballweltmeisterschaft 2022 könnte der ultimative Ausdruck dafür sein."

Die Kushners, Trumps Tochter Ivanka und ihr Mann Jared, sind als ehemalige Berater von Donald Trump in den besseren Kreisen von Washington und New York heute unmöglich, in Florida, wohin sie mit ihrer Familie gezogen sind, geht es ihnen glänzend - auch dank der engen persönliche Beziehung Kushners zum saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman und zu Katar, berichtet Emily Jane Fox in einer Reportage, die einen würgen lässt. "Etwa sechs Monate nach der Vereidigung Joe Bidens gab Kushner in Florida bekannt, dass er die Investmentfirma Affinity Partners gründen würde. Bis zum Ende des Jahres hatte Affinity 3 Milliarden Dollar eingesammelt, davon 2 Milliarden Dollar von einem Fonds unter der Leitung von Mohammed bin Salman ... Kushner baute ein Team von etwa 30 Personen auf, darunter erfahrene Private-Equity-Experten und eine Reihe von Mitarbeitern aus Trumps Weißem Haus, darunter dessen langjährigen Berater Avi Berkowitz als Partner. Andere hatten im Nationalen Wirtschaftsrat, im Rat der Wirtschaftsberater und im politischen Team des Weißen Hauses gearbeitet. Miguel Correa, ein pensionierter Zwei-Sterne-General, der dem Nationalen Sicherheitsrat angehörte, kam als Mitglied des Geowirtschaftsteams hinzu. Sie bezogen die gesamte neunte Etage eines 12-stöckigen Gebäudes, zu einer Zeit, als Büroräume überall spottbillig waren, und während der Bauarbeiten mieteten sie einen Platz im 12. Sobald man die Tür zum Büro aufschwingt, schlägt einem der Ozean ins Gesicht, vom Boden bis zur Decke, so dass das Meer aus Stehpulten und Betonböden und die sonstige Nüchternheit des Raums verschwinden. An den Wänden hängen gerahmte, von Donald Trump signierte Titelseiten mit Kushner, ein WM-Trikot mit dem Namen Kushner und der Nummer 26 - eine Anspielung darauf, dass Kushner die Fußballweltmeisterschaft ausgehandelt hat, die 2026 nach Nordamerika kommt. Die Verbindung zu Trump mag für einige potenzielle Geschäftsleute ein rotes Tuch sein, aber sie hat viele andere nicht davon abgehalten. Etwa 400 Unternehmen haben Affinity im ersten Jahr Pitch Decks mit Finanzierungsanfragen zugesandt, obwohl Affinity bisher nur in vier investiert hat."

Magazinrundschau vom 31.05.2022 - Vanity Fair

Die Newsletter-Plattform Substack wird fünf Jahre alt und hat zumindest in Amerika die Öffentlichkeit mitgeprägt: Salman Rushdie hat einen Newsletter, Patti Smith kommuniziert mit ihren Fans, prominente und sehr meinungsstarke Journalisten wie Bari Weiss, Andrew Sullivan oder Glenn Greenwald haben lukrative Nischen außerhalb der großen Medien gefunden. Es gibt auch eine Historikerin, die durch Substack berühmt wurde, Heather Cox Richardson, sozusagen die Hedwig Richter der USA. Joe Pompeo erzählt die Erfolgsgeschichte von Substack, inklusive der für amerikanische Reportagen typischen Details aus den völlig platten Biografien der Gründer. Aber Substack kriegt jetzt Probleme, so Pompeo mit frommem Augenaufschlag. Anders als bei Twitter oder Facebook dürfen sich Corona-Leugner hier noch äußern. Und schlimmer noch: Es gab Witze gegen die Transcommunity. Die Guidelines von Substack sind noch musk-haft libertär und offen. Wie lange wird sich Substack so viel Desinformation leisten können, fragt Pompeo. Die Antwort Hamish McKenzies, eines der Mitbegründer: "Facebook und Twitter und andere, die bei der Moderation von Inhalten eine härtere Gangart einlegen, stehen unter stärkeren Zwängen, denn sie sind Verstärkungsmaschinen, so sind ihre Systeme aufgebaut. Sie liefern Newsfeeds, die nach Inhalten sortiert sind, die sehr ansprechend sind. Das fördert die Produktion solcher polarisierender Inhalte. Sie sind die weltweit leistungsfähigsten Maschinen zur Verbreitung von Desinformation, und daher ist die Last des Handelns für sie viel größer."

Magazinrundschau vom 08.03.2022 - Vanity Fair

Streaming beschert der Musikindustrie nach langer Durststecke einen neuen Geldsegen - nur kommt bei den Urhebern wenig davon an. Was auch im Bereich der Filmmusik Probleme aufwirft, schreibt Mark Rozzo und spricht damit ein offenes Geheimnis der Branche an: Viele namhafte Komponisten sind eher Marken und Teamleiter, die ihren Werken lediglich eine Richtung vorgeben, die konkrete Arbeit aber ein Team machen lassen - manche beschäftigen auch "Ghost Composer", die die komplette Arbeit machen. Der Frust in diesem Segment ist groß, nicht nur wegen der mangelnden Anerkennung, sondern auch wegen der Bezahlung: "Der Komponist einer Emmy-gekrönten Serie erzählte mir, dass er pro Folge 150 Dollar vorab bekam, wobei die Länge nicht festgelegt ist. Die Arbeit daran kann bis zu zehn Stunden dauern. 'Bricht man das mal runter, kommt man gerade mal auf den Mindestlohn', sagt er. Auch kann das Honorar erheblichen Schwankungen unterliegen, je nach Projekt und Komponist, für den man arbeitet. Ein Ghostwriter, der für große Filme arbeitet, spricht von 1.500 Dollar pro Musikminute. Wenn es um Tantiemen geht, beansprucht der Haupt-Komponist in der Regel 50 Prozent, selbst wenn der Hilfskomponist oder der Ghost Composer die ganze Arbeit geleistet hat (schließlich sorgt der Haupt-Komponist ja dafür, dass die Leute ein Dach über dem Kopf haben). Allerdings ist es in manchen Studios so, dass dieser Anteil auf bis zu 75 Prozent wachsen kann, sobald der Haupt-Komponist an der Arbeit auch nur irgendetwas verändert - wenn er zum Beispiel vorschlägt, das Tamburin im Mix etwas leiser zu pegeln. Wenn das Studio die Arbeit mit einer 'Notiz' (ein Bearbeitungswunsch) zurückgibt, kann der Haupt-Komponist bis zu 100 Prozent für sich veranschlagen. Dies soll den Zuarbeitern einen Anreiz liefern, makellose Stücke vorzulegen."

Magazinrundschau vom 08.06.2021 - Vanity Fair

Die Vermutung, das Coronavirus könnte einem Laborunfall entsprungen sein, wurde ziemlich schnell in die Ecke der Verschwörungstheorie abgeschoben. Vor allem auch mit einem Statement in der honorigen Zeitschrift Lancet, mit dem die Crem de la Creme der internationalen Virologie jegliche Spekulation in dieser Richtung als moralisch inakzeptabel verwarf. Doch in Washington dreht sich der Wind gerade, nicht zuletzt da bekannt wurde, dass drei Wissenschaftler des Wuhan Institute of Virology schon im November 2019 mit Covid-19-Symptomen ins Krankenhaus gebracht werden mussten. In einer Wahnsinnsrecherche spürt Katherine Eban der Theorie bis in die Fledermaushöhlen von Yunan nach und zeigt unter anderem, dass nicht nur von China die Aufklärung verhindert wurde, sondern auch von den USA: "... Dann kam die Enthüllung, dass das Statement in Lancet nicht nur von dem Zoologen Peter Daszak unterzeichnet, sondern auch organisiert worden war, eben jenem Mann, der Forschungsgelder der amerikanischen Regierung für aggressive virologische Forschung gesammelt und an verschiedene Einrichtungen weitergeleitet hatte - darunter auch das Wuhan Institute of Virology. David Asher leitete im Außenministerium die Untersuchungen zu den Ursprüngen von Covid19. Er sagt, es wurde ziemlich schnell klar, dass es eine große Gain-of-function-Bürokratie innerhalb der Regierung gebe. Während die Monate vergingen, ohne dass ein Zwischenwirtstier die Theorie eines natürlichen Ursprungs belegen konnte, erreichten die Fragen ernstzunehmender Skeptiker an Dringlichkeit. In den Augen eines früheren Gesundheitspolitikers stellte sich die Situation so dar: Ein Institut, 'das mit amerikanischen Geldern ausgestattet ist, versucht ein Fledermaus-Virus so zu manipulieren, dass es menschliche Zellen infizieren kann, und plötzlich gibt es dieses Virus' in der gleichen Stadt wie das Labor. Es sei 'intellektuell unredlich, diese Hypothese nicht zumindest zu erwägen'. Und da China eine transparente Untersuchung so aggressiv abblockt und nicht davor zurückschreckt, zu lügen, zu vertuschen und Opposition zu zerschlagen, kann man wohl mit Recht fragen, ob Shi Zhengli, die führende Forscherin am Wuhan Institute, wirklich so frei wäre, einen Unfall in ihrem Labor zu melden, selbst wenn sie gewollt hätte."

Magazinrundschau vom 28.07.2020 - Vanity Fair

In Deutschland sind wir ja - zumindest bislang - um die allerschlimmsten Härten der Corona-Pandemie herumgekommen. Deutlich anders wird einem, wenn man Josh Sanburns bedrückende Reportage über amerikanische Bestatter liest. Von den Belastungen des medizinischen Personals war in den ersten Monaten ja immer wieder die Rede, aber wie Bestatter in den Pandemie-Hotspots mit den Leichenstapeln, überlaufenden Lagerhallen und abzuwimmelnden Familien, die ihre Toten beerdigen wollen, umgehen - davon las man bislang bemerkenswert wenig. "Viele Hospitale begannen damit, große Kühltrucks heranzuschaffen, die allerdings über kein Regalsystem verfügten. Bevor die Beleuchtung installiert wurde, mussten die Bestatter Frankie und Jose ihre Telefone als Taschenlampen verwenden, um Leichen in den dunklen Anhängern zu identifizieren. Manchmal dauerte es bis zu 20 Minuten, um die richtige Leiche zu finden, da die ID-Karte sich gelöst hatte und sie die Leiche anhand der Informationen, die am Gelenk oder am Zeh angebracht waren, identifizieren mussten. Ob sie sich bei einer Leiche mit Covid-19 anstecken konnten, wussten sie damals nicht, also trugen sie die ganze Zeit über komplette Schutzanzüge. Von allen Leichenhallen, in die sie kamen, war die des Brookdale University Hospitals mit die verstörendste. Am 3. April nahm Frankie in einem Anhänger des Hospitals ein Video auf. Ein Mann liegt außerhalb der Leichentasche. Andere liegen  gestapelt übereinander. Humanitäres Chaos. 'Gleich wenn man die Tür öffnete, lagen da stapelweise Leichen. Man musste drüber klettern, um in den Truck zu kommen', erzählt mir Frankie. 'Diese Leichensäcke sind sehr günstig. Wenn man den Reißverschluss öffnet, entsteht ein Riss. Arme und Beine hingen raus. Ein Typ lag nackt außerhalb des Sacks.' Schließlich fanden sie die Frau, nach der sie Ausschau hielten. Sie lag gleich vorne, unter einer anderen Leiche, mit dem Gesicht nach unten. Auf der Rückseite des Leichensacks sah Frankie Fußabdrücke."

Magazinrundschau vom 21.04.2020 - Vanity Fair

Jack Dorsey ist stinkreich und pflegt seltsame Gesundheitsrituale. Er ist außerdem Mitbegründer von Twitter. Einer dieser Typen also, die mächtiger sind als Präsidenten und alle Zeitungen dieser Welt. Aber auch dieses Leben ist nicht ungetrübt, Dorsey ist jetzt ein richtig großer Hai auf den Fersen, erzählt Nick Bilton: Jesse Cohn vom Hedge Fund Elliot Managment. Der erwarb Twitter-Anteile im Wert von einer Milliarde Dollar und kündigte dann an, dass man Veränderungen in der Firmenleitung erwarte, damit Twitter mehr Geld mache. Dorsey und sein Umfeld nahmen das zunächst nicht ernst: Ohne ihn wäre Twitter schnell man Ende, glaubte man. "Doch für manche ist das eine altmodische Ansicht, ein Aberglaube aus dem Silicon Valley. In den Augen von Elliott scheitert Twitter gerade weil Dorsey dort ist. Angeführt wurde der Antrag, ihn rauszuschmeißen, von Jesse Cohn, der kürzlich von William D. Cohan in einem Profil als eine tausendjährige Version von Gordon Gekko beschrieben wurde. Cohn hat einen Ruf in Situationen wie dieser. Er hat unter zahllosen anderen Unternehmen die Verdrängung der CEOs von Athenahealth und eBay durchgesetzt und einen blutigen Sport daraus gemacht, schwache CEOs bei unterbewerteten Unternehmen aufzuspüren, sich in ihre Vorstände zu drängen und so lange auf Veränderungen zu drängen, bis er seinen Willen durchsetzen konnte, wobei seine Firma Hunderte von Millionen Dollar verdiente. Ein langjähriger Beobachter von Cohn beschrieb ihn als 'einen verdammten Killer', der alles tue, was nötig sei. In der Vergangenheit hat Elliott bei früheren Coups extreme Taktiken angewandt, darunter die Beauftragung privater Ermittler, um schmutzige Geheimnisse bei den Vorstandsmitgliedern aufzuspüren."

Magazinrundschau vom 31.03.2020 - Vanity Fair

Jesse Hyde erzählt in einer Reportage von Jane de Oliveira, einer Lehrerin, die der Sem Terra, der Bewegung der Landarbeiter ohne Boden in Brasilien half, Land zu besetzen, dass seinerseits illegal von der stinkreichen Familie Babinski besetzt worden war. Vor Gericht hatten die Landlosen mehrfach verloren, als sie jedoch erneut Boden besetzten, heuerten die Babinskis Polizisten an, die das Problem für immer erledigten. "Wie viele Landarbeiter der Sem Terra hatte Oliveira jahrzehntelang zugesehen, wie der Regenwald stetig verschwand. Die Farm Santa Lucia liegt mehr als 1.500 Meilen von Rio de Janeiro entfernt in einem abgelegenen und gesetzlosen Gebiet etwa 30 Meilen westlich der BR 155, einer Autobahn, die durch den einstmals dichten, üppigen Dschungel führt. In den 1990er Jahren war Oliveira als alleinerziehende Mutter Anfang 20 in die Region gezogen und fand Arbeit als Lehrerin in der nahe gelegenen Gemeinde Xinguara, der traditionellen Heimat der Kayapo- und Parakana-Stämme. Das Gebiet befand sich in einem schrecklichen Wandel. Eine neue Eisenbahnlinie war durch 550 Meilen Regenwald im Norden gebaut worden, und Landspekulanten waren in die Region gekommen, um das Amazonasgebiet abzuholzen. Einheimische Bauern wurden ihres Landes beraubt, mit vorgehaltener Waffe vertrieben oder gefesselt und gezwungen zuzusehen, wie ihre Hütten verbrannt wurden. Wohlhabende Landbesitzer benutzten riesige Dreschmaschinen und teure Düngemittel für den Sojaanbau, die sie auf für China bestimmte Schiffe luden, während Kleinbauern den Boden mit Holzpflügen bestellten und die angebauten Bohnen und Yucca aßen. Die Zahl der Rinder in der Region stieg von 22.500 auf 2,2 Millionen - die größte Rinderherde des Landes. Heute sind fast 20 Prozent des Regenwaldes in der Region zerstört, und die obersten zwei Prozent der brasilianischen Landbesitzer besitzen mehr Land als die Fläche von England, Frankreich, Deutschland und Spanien zusammen. Oliveira kam in die Region, als die landlosen Arbeiter gerade anfingen, sich zu wehren. Bis 1997, ermutigt durch einen Regierungsbeschluss zur Umverteilung von Millionen Hektar ungenutzten Ackerlandes, hatten 350.000 Familien in ganz Brasilien legal Land erhalten, indem sie 1.300 Lager auf brachliegenden Grundstücken errichteten. Als die Sem Terra jedoch einen ähnlichen Ansatz im Amazonasgebiet versuchten, stießen sie auf den hartnäckigen Widerstand wohlhabender Landbesitzer - und der Polizei und der Richter, die sie schützen. Im Jahr 2017, dem Jahr, in dem Oliveira die Besetzung von Santa Lucia anführte, gab es in Brasilien mehr Morde wegen Landstreitigkeiten als in jedem anderen Land."

Magazinrundschau vom 17.09.2019 - Vanity Fair

Aatish Taseer porträtiert den früheren Cricket-Star und Playboy und amtierenden pakistanischen Premier Imran Khan und benennt dessen Herausforderungen: "Wenn Khans Person fasziniert, dann weil er so gut die Moral und die kulturelle Schizophrenie seiner Gesellschaft reflektiert. Wie die Evangelikalen in den USA, bei denen ein politisierter Glaube ein schwieriges Verhältnis zur Moderne und zur Versuchung offenbart, sind Khans Widersprüche nicht zufällig, sondern der Schlüssel zu seiner Person - und vielleicht zu Pakistan. Wie andere Populisten auch weiß Khan viel besser, gegen was er ist, als wofür er steht. Sein Hass auf die Elite, zu der er selbst zählt, ist die Kraft hinter seiner Politik. Er kritisiert Reformer wie Atatürk und Reza Pahlavi für ihren Irrglauben, 'ihre Länder durch äußere Westernisierung voranzubringen'. Khan mag Recht haben, wenn er eine Moderne kritisiert, die so nichtssagend ist, das sie als synonym gilt für die Insignien westlicher Kultur. Aber er trägt selbst mit Schuld daran, den Westen auf Freizügigkeit und Materialismus zu reduzieren. Wenn es um die Erfolge des Westens geht, Demokratie und Sozialstaat, so rechnet Khan sie der Geschichte des Islam zu. 'Demokratische Prinzipien gehörten während des goldenen Zeitalters des Islams zur islamischen Gesellschaft dazu', erklärt er … Im Juli bei seinem Treffen mit Trump in Washington landete Khan einen Coup. Die Dynamik der beiden Narzisstem war elektrisch. Trump nannte den Gast einen 'großen Führer' und bot an, als Mediator in Sachen Kaschmir zu agieren. Das führte zu Protesten in Indien, zur Aufhebung von Kaschmirs Autonomie und zu indischen Truppenbewegungen in der Region. Die größte Herausforderung in Khans Amtszeit ist allerdings, ob er sein Land aus der ökonomischen Krise steuern kann. Während seine Regierung sich anschickt, einen 6-Milliarden-Rettungspaket des Weltwährungsfonds anzunehmen, einer Organisation von der Khan nichts erbetteln wollte, dreht sich alles um die massive Inflation täglicher Güter wie Benzin, Zucker, Butter."

Magazinrundschau vom 06.08.2019 - Vanity Fair

Saudische Bürger, die den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman kritisieren, leben gefährlich. Nicht nur im eigenen Land, auch im Ausland, wie man spätestens seit dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul weiß. Ayman M. Mohyeldin hat recherchiert und eine ganze Anzahl von Vorfällen zusammengetragen, bei denen saudische Bürger im Ausland entführt wurden. "Durch Interviews auf drei Kontinenten mit mehr als dreißig Personen - Aktivisten, nationalen Sicherheitsexperten, Verwandten der Verschleppten und Regierungsbeamten aus den USA, Europa und dem Nahen Osten - bekommen wir ein klareres Bild davon, inwieweit saudische Behörden Landsleute inhaftiert, gewaltsam nach Saudi-Arabien verschleppt und sogar ermordet haben, die es wagen, gegen die Politik des Königreichs zu protestieren oder das Bild der Nation irgendwie zu missachten. Auf diesen Seiten finden sich die Geschichten von acht kürzlich entführten Personen - und von vier anderen, denen es gelungen ist, sich der Gefangennahme zu entziehen -, die Teil eines systematischen Programms sind, das weit über die Ermordung von Jamal Khashoggi hinausgeht. Die saudische Kampagne ist rücksichtslos und unerbittlich. Und sie hat mehr Ähnlichkeiten mit den Codes eines Verbrechersyndikats als mit denen eines traditionellen, modernen Verbündeten der Vereinigten Staaten von Amerika."

Durga Chew-Bose zeichnet ein sehr schönes Porträt von Kristen Stewart, die nicht nur demnächst als einer von "Charlies Angels" und als Jean Seberg in dem gleichnamigen Politthriller von Benedict Andrews zu sehen sein wird, sondern mit der Verfilmung von Lidia Yuknawitschs Buch "The Chronology of Water" auch ihr Debüt als Filmregisseurin geben wird. "Die Art, wie Yuknavitch über einen Körper spricht, und die Schande, ihn zu haben", erklärt Stewart ihr Interesse an dem Buch. "Die Art, wie sie wirklich schmutzig, peinlich, seltsam, ekelhaft, ein Mädchen ist. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte, wie ich sie noch nicht gesehen habe. Ich wuchs mit 'American Pie' auf, diesen Typen, die in ihren Socken wichsten, als wäre es das Normalste der Welt, und es war urkomisch. Stell dir vor, ein Mädchen kommt - es ist wie, ja was?, so beängstigend und bizarr."

Außerdem: May Jeong geht der Frage nach, warum Fan BingBing - Chinas größter Filmstar, mit so viel Followern auf Weibo wie die KP - kürzlich ein Jahr wie vom Erdboden verschwunden war (man hatte sie wegen Steuerhinterziehung unter Hausarrest gestellt). Und Keziah Weir besucht Miuccia Prada.