In seinem Russlandteil hat
Open Democracy eine Reihe von Artikeln gesammelt, die sich der Situation von Frauen in
Tschetschenien und
Dagestan widmen. In beiden russischen Teilrepubliken hat die
Islamisierung einen Grad erreicht, der - von steigendem Verhüllungszwang ganz abgesehen - die Unterdrückung und Misshandlung von Frauen schlichtweg billigt, obwohl dies gegen die Gesetze verstößt. Zalina Magomadova
findet deutliche Worte: "Unsere Regierung erkllärt uns immer, nach dem Islam dürften wir Frauen
dies und jenes nicht tun. Aber keiner scheint sich darum zu kümmern, die soziale Fürsorge für Frauen zu verbessern, Jobs für sie zu schaffen oder ihnen die Bürde
harter physischer Arbeit abzunehmen, vor der sie nach dem Islam bewahrt werden müssen. Wie soll eine Frau
auf einer Baustelle oder in einem Marktverschlag arbeiten, wenn sie die
volle islamische Montur tragen muss, die die Regierung verlangt. Diese Leute picken sich die Regeln aus dem Islam heraus, die in ihre Agenda passen. Und diese Agenda heißt
Schikanierung und Unterdrückung der Frauen."
Lisa Kazbekova
überlegt, woran es liegt, dass so viele tschetschenische Männer
Ramzan Kadyrovs Politik der Islamisierung gerne folgen, obwohl sie den Mann eigentlich hassen. "'Kadyrov hat die Unterstützung der männlichen Bevölkerung dank Fußball, Kopftuch und Propagierung der Polygamie gewonnen', erklärt Amina, Dozentin für Russische Geschichte. Die Rückerlangung der Kontrolle über Frauen war der einfachste Weg, die
Selbstachtung der tschetschenischen Männer wieder herzustellen, die in den letzten Jahren stark erschüttert worden war. 'Unsere Männer haben ein kurzes Gedächtnis', fährt Amina fort. Während des Krieges
wechselte die Versorgerrolle von den Männern zu den Frauen. Frauen waren nicht nur für die Hausarbeit zuständig, sondern wurde auch die alleinigen Ernährer ihrer Familien. Sie wurden auch, buchstäblich,
Beschützer der männlichen Bevölkerung. 'Während des Krieges habe ich immer wieder gesehen, wie Frauen sich unter die Maschinengewehre der Soldaten legten und mit ihren Körpern Ehemänner, Brüder, Söhne und Nachbarn beschützten. Sie haben das sogar für Männer getan, die sie nicht einmal kannten', erinnert sich Amina. Frauen wurden während des Krieges
selbstbewusst, während die Männer oft das Haus nicht mehr verließen, weil sie Gefahr liefen, umgebracht zu werden. Frauen qualifizierten sich, setzten ihre Ausbildung fort und nahmen immer mehr Einfluss auf das soziale und politische Leben der Republik. Vielen Männern gefiel diese neue Frauenermächtigung nicht. Und als er an die Macht kam, 'wurde Kadyrow sogar von den Männern unterstützt, die sich den ganzen Krieg lang
hinter Frauenröcken versteckt hatten', bemerkt Amina."
Weitere Artikel: Zura Kkatueva
beschreibt Fälle
häuslicher Gewalt, denen die Frauen ausgeliefert sind, wenn sie nicht ihre Kinder verlieren wollen. Aufgezeichnet ist die
Geschichte einer schwer misshandelten jungen Frau. Marina Akhmedova
berichtet über mehrere Morde in Dagestan und setzt sich schließlich mit einem Imam zu einem Gespräch zusammen, der ihr erklärt: "Du hast nicht den richtigen Glauben. Du wirst
in der Hölle brennen."