Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Kunst, Ausstellungen, Architektur

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 07.05.2024 - Kunst

In die Psychosen der amerikanischen Gesellschaft taucht Till Briegleb in der SZ ab: die Mike Kelley-Schau "Ghost and Spirit" im Museum K21 in Düsseldorf zeichnet diese Suche nach dem Zusammenhang zwischen "der Behauptung unerklärlicher Phänomene und den glänzenden Erscheinungen" nach, die Kelley vor allem in der Welt der Popkultur manifestiert sah, wie Briegleb weiß: "Zentrum der großen Ausstellung entfaltet sich eine skurrile Highschool-Prozession mit Basketball spielenden Mädchen, nackten Bodybuildern, einem schwarzen Conférencier und einer weißen Maria, mit Pferdepuppen und Kelley als Sportlehrer mit Trillerpfeife, begleitet von einer Band, die Märsche mit Noise Music mischt. Die filmische Dokumentation dieses festlichen Rituals zwischen Begehren und Disziplin bietet ein faszinierendes Schauspiel über die widerstreitenden Kräfte in der US-Unterhaltungskultur, die so gerne Faszination mit Ängsten und Unbehagen erzeugt."

Christiane Meixner will das Werk Kelleys im Tagesspiegel auf keinen Fall auf die Verarbeitung von Kindheitstraumata reduziert sehen, wie es Zeit seines Lebens (und auch nach seinem Suizid) noch geschah. Vor allem "seine 1978 begonnenen 'Ectoplasm Photographs' lassen den eigentlichen Impuls jener Kunst erkennen: Es ging um alles, woran man glaubt und die daraus resultierenden Abhängigkeiten."

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Yelizaveta Landenberger trifft für die FAZ den ukrainischen Künstler und linken Aktivisten David Chichkan, einen Street-Art Künstler, der Blätter mit Aquarellfarben bemalt, die er "von Bekannten in der ganzen Welt verteilen lässt", so Landenberger. Der Künstler agitiert für linke Ideen, auch, um das negative Bild der Linken zu verändern. Seine für das Nationalmuseum von Odessa geplante Ausstellung "Mit Bändern und Flaggen" wurde jedoch abgesagt, berichtet Landenberger, die das nicht nachvollziehen kann: "Hier glorifiziert er in den Aquarellbildern  linke Soldaten - Anarchisten, LGBTQ-Menschen, Feministinnen -, die aufseiten der Ukraine gegen die russischen Invasoren kämpfen. Dabei macht er Anleihen beim Monumentalstil des Sozialistischen Realismus, dessen Ästhetik zugleich durch Bänder und Flaggen in anarchistischen, feministischen, ukrainischen Farben. ... Seine eigenwilligen Tarnfleck-Aquarelle mögen nicht jedermanns Geschmack sein, doch Russland verherrlichen sie gewiss nicht - im Gegenteil."

Weiteres: Im Tagesspiegel-Interview mit Nicola Kuhn erklärt Nicolas Berggruen, warum er als neuen Sitz für seine Stiftung Arts and Culture Venedig ausgewählt hat, und warum Kunst noch nie so politisch war wie heute. Wie ihr Kollege aus der SZ (unser Resümee) sind auch FAZ-Kritiker Andreas Kilb und Nikolaus Bernau in der taz schwer beeindruckt von einer großen Ausstellung mit Werken des Renaissancemalers Maarten van Heemskerck, die im Kulturforum in Berlin zu sehen sind. In taz und Tagesspiegel berichten Andreas Hergeth und Dominik Lenze über die unsichere Zukunft der B.L.O-Ateliers in Lichtenberg. Besprochen wird die Ausstellung "There ist no there there" im MMK in Frankfurt am Main (taz).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.05.2024 - Kunst

Frank Stella's 'Harran II', 1967. Polymer and fluorescent polymer paint on canvas, 120 x 240 inches. Solomon R. Guggenheim Museum

Die Kritiker trauern um den amerikanischen Bildhauer und Maler Frank Stella. Seine Laufbahn, erinnert Till Briegleb in der SZ, "startete er mit der Bildsuche vom kleinstmöglichen Ausgangspunkt, dem 'Schwarzen Quadrat' von Malewitsch, um später zur buntestmöglichen Explosion des Gemäldes im Raum zu gelangen, wo Malerei wie raumfüllendes Chaos aussah". Die geschichtlichen Bezüge, vor allem auf die NS-Zeit, die Stella in seine Arrangements einbaute, erhielten nicht nur Lob, aber "die erklärte Absicht der Popkultur, die Nähe zum Kommerz zu feiern, anstatt ihn zu verschmähen, sah sich in Stellas minimalistischem Werk auf einem hohen Niveau befriedigt", so Briegleb. Der "Gefahr der Beliebigkeit der reinen Form" begegnete Stella "durch deren Verankerung in der Geschichte", weiß auch Stefan Trinks in der FAZ: "Die seit den Achtzigerjahren bunt lackiert und anarchistisch wild in den Raum ausgreifenden Metallreliefs etwa der 'Moby Dick'-Serie sind herausragende Beispiele einer abstrakten Kunst, die sich vom Text Herman Melvilles inspirieren ließ, ohne auch nur an einer Stelle illustrativ zu wirken. Die sich wie Papier einrollenden Blechformationen spiegeln psychische Energien von Captain Ahabs Jagd auf den weißen Wal wider, die martialische Variante der Romantiker-Suche nach der blauen Blume." Weitere Nachrufe in FR, NZZ, Welt, Berliner Zeitung und Tagesspiegel.

Ausstellungsansicht "Oliviero Toscani. Fotografie und Provokation". Foto: Susanne Völlm © ZHdK

Wer bei den Fotografien von Oliviero Toscani an "die Formel Menschenrechtskampf + Werbung = Zynismus" denkt, liegt nicht ganz falsch, meint Andrian Kreye in der SZ. Aber es ist eben auch nicht alles, kann er in einer Retrospektive des Fotografen im Zürcher Museum für Gestaltung sehen. Den meisten ist Toscani durch seine provokanten Werbebilder für die Marke Benetton bekannt, aber Kreye erkennt hier vor allen in den fotografischen Anfängen Toscanis "einen Humanismus", den dieser sich "nicht angelernt, sondern auf den Straßen von New York gebildet" hatte. In den Sechziger Jahren "zog es ihn in den Norden Manhattans, nach Harlem, wo ihn das Leben der schwarzen Amerikaner überwältigte. Da ist der Winkel seiner Objektive wieder auf Augenhöhe. Man sieht Hipster, Jiver, Cool Cats, all die Vorläufer der Moden und Subkulturen, die bis heute die Popgeschichte prägen. Er tauchte tief ein in diese Gesellschaft, gewann dort Freunde und einen Blick, der hinter dieser Mode-Avantgarde der Straßen eine soziale Bewegung erkannte."

Weitere Artikel: Konstantin Akinscha deckt in der FAZ auf, wie Russland durch die Ausstellung "Avantgarde in der Wüste" in der Universität Ca' Foscari auf Umwegen bei der Biennale mitmischt: Kuratorin Silvia Burini machte in der Vergangenheit durch ihre unerschütterliche Russlandtreue von sich reden, so Akinscha. In der taz unterhält sich Bettina Maria Brosowsky mit der iranischen Künstlerin Farzane Vaziritabar über deren neuestes politisches Werk - eine Skulptur aus Pferdeäpfeln.

Besprochen werden eine Ausstellung mit Werken von Julie Wolfthorn in der Galerie des vdkb1867 in Berlin (taz), die Ausstellung "Wer hat Macht? Körper im Streik" im Frankfurter Kunstverein mit Werken von Gintaré Sokelyté und Sonja Yakovleva (FR), die Ausstellungen "Paris 1874. Inventer l'impressionnisme" und "Ein Abend mit den Impressionisten, Paris 1874" im Musée d'Orsay in Paris (tsp).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 04.05.2024 - Kunst

Isabel Quintanilla konnte wirklich alles malen, schwärmt Niklas Maak in der FAS, die komplexesten Lichtbrechungen, das Knorpelige und knackend Trockene eines Schinkens, das Bröselige von rohem Blumenkohl, die Feuchtigkeit im Inneren eines Granatapfels.." Vor allem aber war sie eine der ersten, die die alltäglichen Dingen ihrer Lebensrealität für "bildwürdig" erklärte, wie Maak in einer Retrospektive im Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid bewundern kann: "Es ist eine Malerei, die es schafft, nicht nur das Auge, sondern auch den Geschmacks- und den Tastsinn zu aktivieren. Es geht darum, zu sehen, wie eine Welt sich anfühlt. Der Stahlgriff eines Kühlschranks wird mit allen Reflexen so liebevoll gemalt wie früher nur das Gesicht eines Fürsten. Das Licht verzaubert die Alltagsdinge, ein lautloser Surrealismus kriecht aus ihnen heraus. Die Nähmaschine und der Stoffbeutel in einem Gemälde sehen plötzlich aus wie zwei Wesen, die sich scheu voreinander verneigen, die Tür des Küchenschranks, die halb offen steht, wirkt wie der Eingang in den Hades."

Weitere Artikel: Die FAZ trauert um den Karikaturisten Walter Hanel. Karen Krüger schildert dort den Besuch von Papst Franziskus im Frauengefängnis auf der Insel Giudecca, auf der sich der Vatikan-Pavillon der diesjährigen Biennale befindet. Marcus Woeller hat sich für WamS den von der venezianischen TBA21-Stiftung eingerichteten "Ocean Space" in der Renaissancekirche San Lorenzo angesehen, mit dem auf die Auswirkungen des Klimawandels aufmerksam gemacht werden soll. In der FAZ meldet Benno Herz, dass das Haus der Kunsthändlerin Galka Scheyer in Los Angeles zum Verkauf steht.

Besprochen werden eine Rebecca Horn-Retrospektive im Haus der Kunst in München (Welt), die Ausstellung "Ohne Lippen sind die Zähne kalt" mit Werken von Cornelia Schleime in der Galerie Judin in Berlin (FR, tsp) die Ausstellung "Squares" mit Werken von Oskar Fischinger in der Berinson-Galerie in Berlin (Welt), die Ausstellung "J'accuse" von Kader Attia in der Berlinischen Galerie (BlZ), die Ausstellung "Social Geometry" mit zwei Videoinstallationen des Medienkünstlers Clemens von Wedemeyer in der Berliner Galerie KOW (tsp).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 03.05.2024 - Kunst

Im Berliner Georg Kolbe Museum und der Ausstellung  "Noa Eshkol - No Time To Dance" lässt sich Dorothea Zwirner (Monopol) von der schmerzhaften Aktualität der israelischen Tänzerin, Choreografin und Künstlerin überzeugen. Bekannt ist sie neben dem Tanz vor allem für ihre Wandteppiche: "Der Titel 'No Time to Dance' beruht auf einem Zitat von Noa Eshkol von 1973, als einer ihrer Tänzer zum Jom-Kippur-Krieg eingezogen wurde. Damals, vor fünfzig Jahren, unterbrach sie ihre Bewegungs-Arbeit, um sich stattdessen mit ihrem Ensemble den großen Wandteppichen aus Stoffresten zu widmen. Offenbar bedürfen wir nach dem 7. Oktober 2023 mehr denn je solch universeller Sprachen der Verständigung und gemeinschaftlicher Arbeitsweisen, wie sie die Künstlerin Noa Eshkol entwickelt hat. Wie universell und aktuell ihr Ansatz ist, zeigt sich in der Ausstellung nicht zuletzt in den expliziten Bezugnahmen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler wie Sharon Lockhart, Omer Krieger oder Yael Bartana auf ihr Werk."

Katharina Deschka (FAZ) hat sich in die Opelvillen Rüsselsheim begeben, um dort die Ausstellung "Alice Springs - Retrospektive" zu sehen, die die Fotografien der unter Pseudonym auftretenden June Newton zeigt. Im Vergleich mit ihrem berühmten Ehemann Helmut Newton steht sie um nichts zurück, versichert Deschka: "Ob die Modeschöpfer Jean Paul Gaultier, Yves Saint Laurent, Karl Lagerfeld, ob die Modekolumnistin Diana Vreeland oder Filmgrößen wie Billy Wilder und Fellini - Alice Springs gelang es, sie authentisch festzuhalten. Mit einem Lächeln, ernst oder arrogant und mit verschränkten Armen blicken sie den Betrachter aufmerksam an. Dies hinterlässt den vielleicht stärksten Eindruck: dass durch diese Porträts ein Dialog entsteht, der über den Augenblick der Aufnahme hinaus bestehen bleibt. Menschen sehen uns an."

Außerdem: Die Fototriennale Ray hat begonnen, Freddy Langer ist in der FAZ nicht recht überzeugt von dem Gedanken, die verschiedenen Ausstellungen im Rhein-Main-Gebiet zeitversetzt beginnen zu lassen, das diene doch eher einer Ökonomie der Aufmerksamkeit als der Fotografie selbst, meint er. Und Monopol berichtet vom Vatikan-Pavillon auf der Biennale, der durch den Papst eröffnet wurde.

Besprochen werden: "Volker Stelzmann: Dickicht" in der Galerie Poll (Berliner Zeitung) und "Lee Scratch Perry" im Cabaret Voltaire (NZZ).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 30.04.2024 - Kunst

Maarten van Heemskerck, Blick auf das Forum Romanum, Detail, um 1532-1536, Vorzeichnung in schwarzer Kreide, Feder in Braun, braun und grau laviert © Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Volker-H. Schneider

Überwältigt ist Gustav Seibt in der SZ vom Werk des niederländischen Malers Maarten van Heemskerck, das er nun in einer Ausstellung im Kulturforum in Berlin zum ersten Mal in Gänze bewundern darf. 1532 begab sich der Maler nach Rom und begann "alles, was mit Kunst und Vergangenheit zu tun hatte, zu zeichnen", so Seibt: "Rom, seine Ruinenwelt wird da zu einer Phantasmagorie in tiefgestaffelten, lichtperspektivischen Kunstlandschaften, in denen man sich stundenlang verlieren möchte. Maarten ist einer Begründer der neuzeitlichen Ruinenromantik, so wenig er Stimmungszeichner ist. Ruinen gab es Rom nicht nur aus der Antike, sondern eben auch des päpstlichen Baubooms wegen - die Ruine bekam einen doppelten Richtungssinn ins Vergangene und Künftige. Dazwischen Vegetation, Tiere, darüber Himmel und Licht. Das Widerspiel von kleinteiliger Treue und Weite ist ein unerhörter Reiz - Maarten kann halbe Blätter leer lassen, und die Leere atmet."

Weiteres: Stephanie Grimm besucht für die taz die Ausstellung  "The Culture" in der Frankfurter Schirn, die den Zusammenhang zwischen Hip Hop und Kunst beleuchtet. In diesem Zusammenhang untersucht Julian Weber einen eventuellen Fall von Ideenklau: Hat Frankfurt einfach ein "Container-Soundsystem" des Konzeptkünstlers Nik Nowak übernommen? Besprochen wird eine Retrospektive von Rebecca Horn im Haus der Kunst in München (tsp) und eine Retrospektive des Fotografen Chris Killip in der Deutsche Börse Photography Foundation Eschborn (FR).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 29.04.2024 - Kunst

Hans Feurer: Painted by Kodak I (Gitta Saxx), Seychelles, 1988. Foto: Palazzo Franchetti.

Fast in jeder Kirche in Venedig lässt sich das Bild einer stillenden Madonna finden, stellt FAZ-Kritiker Stefan Trinks fest. Weil es in der Renaissance kaum nackte, weibliche Modelle in den Ateliers gab, wirken die Darstellungen der Frauenkörper häufig etwas unbeholfen, so Trinks. Das wurde später natürlich anders, wie er in der Ausstellung "Breasts" im Palazzo Franchetti beobachten kann, die die Geschichte des "Brust-Bildes" in der Kunst auffächert. Eine moderne "gottgleiche Himmelskönigin" bewundert Trinks beispielsweise in Christopher Bucklows Fotogramm "Tetrarch (C.S.)": "Claudia Schiffer vor nachtschwarzem Hintergrund, deren auratisch glimmende Silhouette in der bearbeiteten Fotografie mit unzähligen pointillistisch gesetzten Lichtpunkten angefüllt ist - bei aller Verehrung ein ungemein subtiles Werk. Ausgehend von der Idee der alten Kulturen, von den Assyrern bis zu den Griechen, Sternenkonstellationen menschliche Form zu verleihen, intarsiert Bucklow der für ihn himmlischen Schiffer durch überlagernde Belichtung den Schattenriss mit insgesamt 25.000 Sternenpunkten auf lichtempfindlichem Fotopapier."

Weiteres: Der Tagesspiegel meldet mit dpa, dass Papst Franziskus (als erster Papst in der Geschichte) die Biennale in Venedig besucht hat. Besprochen werden die Ausstellung "Modigliani. Moderne Blicke" im Museum Barberini in Potsdam (FR) und die Ausstellungreihe "The Dark Rooms", die an unterschiedlichen Orten in Berlin stattfindet (tsp).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 27.04.2024 - Kunst

Peter Richter empfiehlt am Rande des Berliner Gallery Weekends zwei Ausstellungen: Der amerikanische Medienkünstler Cory Arcangel hat den Laptop von Michel Majerus, der 2002 bei einem Flug ums Leben kam, repariert und präsentiert im Michel Majerus Estate nun digital dessen geplante Werke. Außerdem lohnt ein Besuch im Kunstverein Ost, der der DDR-Künstlergruppe "Auto-Perforations-Artisten" eine Retrospektive widmet. In der Berliner Zeitung gibt Ingeborg Ruthe weitere Tipps fürs Berliner Gallery Weekend. Für den Tagesspiegel macht Michaela Nolte einen Ausflug zur "Paper Positions" in die Telekom Hauptstadtrepräsentanz. Dietmar Dath gerät in der FAZ schließlich doch noch ins Plaudern bei seinem Besuch im Frankfurter Museum für Kommunikation, das dem Comiczeichner und Künstler Volker Reiche, der in der FAZ für die "Strizz"-Karikaturen verantwortlich zeichnet, eine Ausstellung widmet.

Besprochen werden die drei Elfriede-Mejchar-Ausstellungen in der Landesgalerie Niederösterreich, im Wiener Musa und im Salzburger Rupertinum (FAZ, mehr hier) und die Sammlung Marli Hoppe-Ritter in der Berliner Repräsentanz des Auktionshauses Ketterer (Tsp).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 26.04.2024 - Kunst

Kai Müller und Nicola Kuhn führen für den Tagesspiegel ein großes Interview mit Wolfgang Tillmans, in dem sich der Fotograf unter anderem an ein Erlebnis zu Beginn seiner Karriere erinnert: "Die London Review of Books hatte zwei meiner Bilder gebracht, von einem Mann und einer Frau, die mit großen Augen in die Kamera blickten, was suggerieren sollte, dass sie Ecstasy genommen hätten. Seither gebe ich grundsätzlich kein Bild zur Illustration anderer Themen frei. Insofern schütze ich die Menschen, wie sich das Werk auch selbst schützt." Doch nicht nur die Kunst an sich ist Thema, auch der Nahostkonflikt und die Reaktionen darauf in der Kulturszene kommen zur Sprache: "Teil des Problems ist, dass alle autoritären Denkweisen, sei es von links oder rechts, dir sagen, wie es ist, und in ihren Worten kein bisschen Bewusstsein mitschwingt, dass sich alles eigentlich viel komplizierter darstellt. Zu verlangen, sich auf eine Seite zu stellen, erzeugt einen Shitstorm von der anderen Seite. Deshalb bin ich für die Stärkung der Mitte, für Differenzierung. Ich lasse mir die Errungenschaften der Demokratie nicht kaputtmachen."

Zwanzig Jahre gibt es das Berliner Gallery Weekend nun schon, seit November ist die Kunsthistorikerin Antonia Ruder Leiterin, die der Berliner Zeitung heute ein Interview gibt. Verändern will sie erstmal gar nicht viel, sondern die Besonderheiten des Standorts Berlin weiter herausstellen und fördern: "Der Markt selbst mag in anderen Metropolen größer sein, aber die Qualität der Kunst, der gezeigten Künstler:innen und Ausstellungen, die sind auf dem Top-Level von anderen Metropolen wie New York oder London. Trotz auch hier steigender Mieten bleibt Berlin ein spannender Produktionsstandort. Es leben unglaublich viele Künstler:innen hier, von denen man manchmal gar nicht weiß, bis man ihnen begegnet. Das ist extrem wichtig für die Stadt, auch weil dadurch Produktion und Distribution ganz nah beieinander liegen. Ich kann nur hoffen, dass es genauso bleibt." Die Berliner Zeitung gibt zudem Empfehlungen, welche Ausstellungen unbedingt anzuschauen sind. Der Tagesspiegel gibt ebenfalls Tipps.

Weiteres: Der Medienkünstler Cory Arcangel hat den Laptop und damit einen großen Teil des Lebenswerks von Michel Majerus wieder zum Laufen gebracht, berichtet der Tagesspiegel.

Besprochen wird die Ausstellung "Modigliani. Moderne Blicke" im Museum Barberini Potsdam (Tagesspiegel).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 25.04.2024 - Kunst

Amedeo Modigliani: Liegender Frauenakt mit verschlungenen Händen, 1917. Copyright: Pinacoteca Agnelli, Turin

Der nun im Potsdamer Barberini Museum eröffneten Schau "Moderne Blicke" verdankt Ingeborg Ruthe (Berliner Zeitung) ganz neue Perspektiven auf Amedeo Modigliani. Denn die Ausstellung weitet den Blick nicht nur über dessen Pariser Schaffen hinaus, sondern macht ihr zudem deutlich, dass es dem Künstler keineswegs nur um den Exzess, sondern um die "Schönheit des Körpers" und "selbstbewusste Weiblichkeit" ging, freut sich Ruthe: "Manche dieser liegenden oder sitzenden Evas mit den Sphinx-haft leeren Augen an den Barberini-Wänden scheinen sich unserem Blick zu entziehen. Der warme Ton der nackten kurvigen Körper wird durch den dunklen Hintergrund und das Rot und Weiß von Decke und Kissen fast plastisch hervorgehoben. Die ovalen Gesichter, die kindlich kleinen Münder, die Mandelaugen, die verschränkten Arme kontrastieren die modellierten Körper. Das ist nie lasziv, aber sinnlich. Es reichte dazu, Modiglianis Malerei zu skandalisieren."

Laure Winants: From a Tongue We Are Losing. Foto: Time Capsule #12

Nun findet auch noch eine Klima-Biennale statt, veranstaltet vom Kunsthaus Wien - Museum Hundertwasser. Ganz überzeugt ist Boris Pofalla in der Welt nicht, die Künstler glauben offenbar, die Welt retten zu müssen, dabei gerät das Werk oft zur bloßen Bebilderung einer These, seufzt er: "Die Kunst hier ist oft eine, die sich auf wissenschaftliche Erkenntnis beruft, diese aber in etablierte Formen der contemporary art gießt und mit etwas besorgter Poesie überzieht. Im Foto Arsenal Vienna stellt Laure Winants Fotografien aus, die auf Papier entstanden sind, aber ohne Kamera, als Fotogramme. Winants war Teil einer viermonatigen wissenschaftlichen Arktis-Expedition und benutzte Proben aus dem gar nicht so ewigen Eis, um sie mit den Chemikalien im Fotopapier reagieren zu lassen. Auf ihren Bildern sieht man Kristallstrukturen, Farbverläufe wie an einem Morgenhimmel und, als Making-Of in einer Vitrine, die Künstlerin beim Entnehmen der Proben. Was genau aber verraten uns diese Werke über die Arktis? Ohne den Kontext zu kennen, würde man keine Verbindung zum Klimawandel herstellen."

Boris Lurie, A Jew is dead, 1964 © Boris Lurie Art Foundation

Der amerikanische Künstler und Holocaust-Überlebende Boris Lurie blieb stets ein Außenseiter und passt daher ideal nach Venedig, steht die Biennale doch unter dem Motto "Fremde überall", meint Bernhard Schulz, der sich für Monopol Luries so "verstörendes" wie wichtiges Werk vor Ort in der Scuola Grande San Giovanni Evangelista angesehen hat. Schulz blickt direkt in die Traumata Luries: "Er hat Material aus den Konzentrationslagern und Fotos von Leichenbergen zum Zeitpunkt der Befreiung durch alliierte Truppen bearbeitet und mit anderen Bildschnipseln zusammengefügt, sodass es einen buchstäblich empört: nämlich mit Pin-up Girls und Pornos, und dazu Titel wie 'Railroad Collage' oder 'From a Happening, 1945, by Adolf Hitler' gewählt. Darf man das? Lurie durfte. Er musste. Und dieser Schock bleibt."

Weitere Artikel: Gustav Klimts unvollendet gebliebenes Spätwerk "Bildnis Fräulein Lieser", das lange als verschollen galt, ist im Wiener Auktionshaus im Kinsky für 30 Millionen Euro - und damit zum unteren Schätzwert versteigert worden, meldet der Standard. Dabei war kurz zuvor noch ein neuer möglicher Erbberechtigter aufgetaucht, der bisher übersehen wurde, ergänzt Johanna Adorjan in der SZ. In der Berliner Zeitung schreibt Ingeborg Ruthe den Nachruf auf den im Alter von 55 Jahren verstorbenen Berliner Galeristen Daniel Marzona. In der FAZ berichtet Georg Imdahl von einem Urheberrechtsstreit zwischen der Stadt Paderborn und dem Künstler Wilfried Hagebölling. Im Tagesspiegel gibt Nicola Kuhn einen Überblick auf kommende Ausstellungen und Symposien zu 150 Jahren Impressionismus.

Besprochen werden die Ausstellung "Faszination Rom. Maarten van Heemskercks Zeichnungen" im Berliner Kupferstichkabinett (Zeit), die Ausstellung "Hannah Hallermann: Information" in der Berliner Galerie Hoto Art (taz) und die Ausstellung "Circles of Light" der amerikanischen Land-Art-Künstlerin Nancy Holt im Berliner Gropius Bau (FAZ).

Efeu - Die Kulturrundschau vom 24.04.2024 - Kunst

Werbeplakat für Fahrräder der Marke Plasson Cycles, Lithographie von Manuel Robbe, Paris ca. 1897. Quelle: SDTB, Historisches Archiv, V.4. X 0008

Das Deutsche Technikmuseum in Berlin zeigt ab heute die Ausstellung "Freiheit auf zwei Rädern" mit vierzig französischen Werbeplakaten aus dem eigenen Bestand. Es ist aber nicht nur eine Schau über das Fahrrad, sondern vor allem über das Frauenbild der Belle Époque, stellen Sophie-Marie Schulz und Linnéa Grajetzki in der Berliner Zeitung fest: "Auf der einen Seiten werden Rollenbilder bewusst aufgebrochen, erhalten eine moderne Nuance. Andererseits wurde das Fahrradfahren in Verbindung mit dem weiblichen Körper zu einem Streitthema. Was, wenn eine Frau auf dem Fahrrad anfängt zu schwitzen? Wenn sie sich zu sehr vom männlichen Familienoberhaupt emanzipiert? Während sich einige Künstler mit mythologischen oder kriegerischen Darstellungen befassten, hielten sich andere an die gegebenen Schönheitsideale. Mit dem Abbild der sogenannten Parisienne - eine Frau mit Wespentaille, langen Kleidern und perfekt liegenden Haaren - sollte verdeutlichen, dass Fahrradfahren nicht auf Kosten der Weiblichkeit geht." Männer sorgten sich, dass "Frauen wegen der Form des Sattels Schaden nehmen könnten und permanent stimuliert werden. Die Industrie fackelte nicht lange und entwarf einen 'frauengerechten Sattel'."

Elfriede Mejchar: aus der Serie "Wienerberger Ziegelöfen", 1979-81, Wien Museum

Gleich drei Häuser, nämlich die Landesgalerie Niederösterreich, das Wien-Museum und das Museum der Moderne Salzburg widmen der österreichischen Fotografin Elfriede Mejchar derzeit Ausstellungen zum hundertsten Geburtstag, freut sich im Standard Caroline Schluge, denn Mejchar, die "unbekannte Konstante" in der österreichischen Fotografie, machte neben Landschaftsfotografie, Porträts, Collagen und experimenteller Analogfotografie auch Aufnahmen von Lost Places, lange bevor es Trend wurde: "Immer wieder steigt sie aus ihrem Dienstwagen aus und nimmt alte Strommasten, Vogelscheuchen oder Autowracks auf. Die Bilder werden zu Zeitdokumenten der österreichischen Peripherie, in der die Uhren stillzustehen scheinen. Es ist immer wieder das vermeintlich Hässliche, in dem Mejchar das Schöne sieht: Die Stofffetzen an den heruntergekommenen Vogelscheuchen flattern im Wind, Pflanzen ranken sich um die verlassenen Autos und machen sie zu einem permanenten Teil der Landschaft."

Weitere Artikel: Ein Rembrandt von 2016? Kann man im Kurzpfälzischen Museum Heidelberg sehen, das in der Ausstellung "Kunst und Fälschung" nicht nur Werke aus LKAs präsentiert, sondern auch offenbart, wo Künstliche Intelligenz nach wie vor Schwächen zeigt, wie Katharina J. Cichosch (taz) feststellt.