Der Autor
Wolfgang Brenner hat eine abenteuerliche Erklärung dafür, warum
Buchhändler trotz des Stresses und des stets ausbleibenden finanziellen Erfolgs weiterhin
Schriftsteller zu Lesungen einladen: "Die Buchhändler wollen sich mit Lesungen
an den Autoren rächen. Für die Bücher, die schwer wie Blei in den Regalen stehen. Oder für die Bestseller, die die Buchhändler ihren Kunden verkaufen müssen, obwohl sie sie für einfallslos, eitel, banal und debil halten." Als Beleg greift der Autor in die Mottenkiste der Erinnerung und
berichtet von einem Berliner Buchhändler, der sich gastronomisch auf weit mehr Interessenten eingestellt habe als dann gekommen seien. "Derart frustriert, begann er schon vor der Lesung seine beeindruckende Bastion Weinflaschen selbst zu trinken - bis ihm die Lesung irgendwann zu lang erschien und er einfach das Licht löschte."
Anlässlich der Meldung, dass der US-Verlag
HarperCollins das
Remissionsrecht für Buchhändler
einschränken will und Buchhändler künftig übriggebliebene Bücher einer neuen Buchreihe nicht wieder an den Verlag zurückgeben können, startet das
Börsenblatt einen Rundruf unter Sortimentern und Verlegern. Fazit: Keiner kann sich vorstellen, dass dies ein Modell für Deutschland wäre.
Rutger Booß (
Grafit Verlag) regt jedoch an, zumindest bei Taschenbüchern das Remi-Recht einzuschränken und künftig Gutschriften auszuteilen.
Vor drei Jahren übernahm das Stuttgarter
Barsortiment Koch, Neff und Volckmar (KNV) den insolventen PBS-Großhändler
Schreyer; jetzt wird der Schreyer-Vertrieb zum 1. Mai von der
PBS Holding Gruppe übernommen. Im Interview mit Eckart Baier
erklärt KNV-Chef
Oliver Voerster, dass die
Umsatzentwicklung, die er sich mit Schreyer vorgenommen habe,
nicht erreicht werden konnte. Ob er sich vor drei Jahren
verkalkuliert habe? "Ja, das haben wir. Wir mussten erkennen, dass die
Großhandelsstrukturen in der PBS-Branche überraschend
stark zementiert und sehr traditionell sind. Einige Verhaltensweisen und Strukturen der PBS-Branche sind uns bis heute unverständlich, weil damit auf allen Seiten sehr viel Geld vernichtet wird."
Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des
Börsenvereins, befürwortet im Interview den Vorschlag von
Rainer Groothuis, ein
konzertiertes Marketing der Branche zu entwickeln. Dies müsse nicht zig Millionen Euro kosten - warum nicht dafür sorgen, dass in der
Lindenstraße regelmäßig eine Buchhandlung vorkommt, regt Skipis an.
Sehr lesenswert ist der Kommentar von Verleger
Matthias Ulmer zum Interview mit
Elisabeth Ruge und
Uli Hörnemann zur Preisbindung aus dem vorletzten Heft (
hier). Die Diskussion sei
peinlich. "Wir haben ein Gesetz. Und es gibt weit und breit keinen Politiker, der das Thema so bedeutend findet, dass er derzeit eine Abschaffung des Gesetzes vorschlägt. Es gib meines Wissens auch
keine Demonstrationen auf der Straße, keine Bürgerbewegung ,freie Preise', keine Attacken von Verbraucherschützern und
keine Greenpeace-Aktivisten, die sich an KNV-Bücherwagen ketten. Selten in den letzten Jahrzehnten war die Preisbindung so sicher wie heute." Außerdem regt sich der Stuttgarter darüber auf, dass immer wieder behauptet werde, dass durch die "
Thaliaisierung" oder Filialisierung der Branche die Qualität so viel schlechter werde. "Kein Deut ist daran richtig. Da wird meist gut ausgebildetes Personal übernommen und durch eine neue Ladeneinrichtung oder ein neues Logo ändert sich doch nichts an deren Qualifikationen. Es ist ungerecht gegenüber diesen Mitarbeitern, wenn ihre Arbeit abqualifiziert wird, bloß weil sie bei einem Filialisten arbeiten."
Weitere Themen: Sabrina Gab stellt die "Zukunftskonzepte" von
Bahnhofsbuchhändlern vor. Holger Ehling schickt einen Bericht von der
London Book Fair. Stefan Hauck und Holger Heimann interviewen den Chef des angeschlagenen
Eichborn-Verlags,
Stephan Gallenkamp, der "harte Schritte" als notwendig erachtet und die Fokussierung des Programms auf bestimmte Zielgruppen ankündigt. Holger Heimann porträtiert den ehemaligen
Shell-Manager und jetzigen Verleger
Wolf-Rüdiger Osburg (
Osburg Verlag).
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