Magazinrundschau - Archiv

Le point

157 Presseschau-Absätze - Seite 3 von 16

Magazinrundschau vom 11.01.2011 - Point

Der Papst hat recht, wenn er sagt, dass die Christen zur Zeit die am meisten verfolgte religiöse Gruppe seien, schreibt Bernard-Henri Levy in seiner Kolumne. Und er erinnert daran, dass die Christen in den heute islamischen Länder zuerst da waren. Zwar wäre die Vertreibung auch zu kritisieren, wenn es anders wäre, "aber es setzt noch eins drauf. Es kommt eine, sagen wir metaphysische Dimension dazu. Es war ein irreparables Verbrechen, als sich die arabische Welt ihrer Juden und ihrer Erinnerung entledigte. Dass sie sich nun ihrer Christen entledigt, dass sie den letzten katholischen Gemeinden, die noch imstande sind, in Jesu eigener Sprache zu beten, das antut, was sie den Nachfahren der Stämme Israels angetan hat, wird nicht nur für sie, sondern für die ganze Welt einen herben Verlust bedeuten, einen erneuten geistigen und moralischen Zusammenbruch, eine neue Katastrophe für Zivilisation und Kultur."

Magazinrundschau vom 07.12.2010 - Point

"Hört die Dämonisierung Israels eigentlich nie auf?", fragt Bernard-Henri Levy in seinen Bloc-notes und führt zwei aktuelle Beispiele dafür an: den Israel-Boykott in Frankreich und den Erfolg des Dokumentarfilms "Tears of Gaza" der norwegischen Filmemacherin Vibeke Lokkeberg, der die israelischen Bombardierungen des Gebiets 2008 bis 2009 zeigt. Levy wirft ihr vor, die simpelsten Regeln des schwierigen Genres Kriegsdokumentation nicht beachtet und die Bilder aus dem Kontext gerissen zu haben. Am schwersten wiege jedoch, dass "das Filmteam nie einen Fuß in den Gazastreifen gesetzt hat und sich mit unter strenger Aufsicht von Hamas-Milizen aufgenommenen Filmbildern begnügten. Ein solcher Film - den man leider bald auf allen Festivals der Welt wird auftauchen sehen - ist keine Dokumentation, sondern ein Propagandawerk. Ein Film, der, indem er Israel verteufelt, nicht Frieden verspricht, sondern Krieg."

Magazinrundschau vom 30.11.2010 - Point

Das wird Diskussionen geben: In Frankreich hat der junge Jurist Florent Gallaire den jüngsten Roman von Michel Houellebecq "La carte et le territoire" in sein Blog gestellt - komplett und mit der Begründung, dass Houellebecq darin Textpassagen aus der zwar freien Enzyklopädie Wikipedia übernommen habe, die gleichwohl unter Lizenz der Non-Profit-Organisation Creative Commons stünden, berichtet Julie Malaure. Gallaires kreativer Schluss "'nach juristischer Prüfung des Werks' ist deshalb simpel: da Houellebecq den freien Inhalt von Wikipedia abgeschrieben habe, übernehme der Text von Houellebecq dessen Eigenschaften und werde deshalb seinerseits ebenfalls frei. Diese kuriose Argumentation, diese 'Ansteckung' rechtfertigt demnach laut Gallaire das Onlinestellen des Romans ohne Genehmigung des Autors oder seines Verlags." Selbst die Vereinsvorsitzende der französischen Sektion von Wikipedia, Adrienne Alix, findet Gallaires Begründung "absurd".

Magazinrundschau vom 19.10.2010 - Point

Es ist heute nicht mehr so bekannt, dass der Kolonialismus zumindest in Frankreich gerade auch von Linken verfochten wurde. Der sozialistische Premierminister Guy Mollet war in den fünfziger Jahren für schlimmste Repressionen in Algerien berüchtigt. Unter ihm diente ein gewisser Francois Mitterrand als Justizminister - und auch Mitterrand tat sich gegenüber den algerischen Nationalisten nicht durch Milde hervor, schreibt Laurent Theis unter Hinweis auf ein Buch von François Malye und Benjamin Stora zum Thema: "Vor allem, und das ist die große Enthüllung des Buchs, schickte der Justizminister ohne Zögern viele algerische Nationalisten auf die Guillotine, ob sie nun Blut an ihren Händen haben oder nicht: 45 Enthauptungen in 500 Tagen. Staatspräsident Rene Coty verweigerte 45 mal die Begnadigung, und auch Mitterrand sprach sich nur achtmal für Gnade aus. Unter den Guillotinierten klebt ein Name wie ein Schandfleck an Mitterands Gedächtnis: der Name Fernand Ivetons, eines Algerienfranzosen und kommunistischen Parteimitglieds, der am 1. Februar 1957 hingerichtet wurde."

Magazinrundschau vom 13.07.2010 - Point

In seinem Bloc-notes kommentiert Bernard-Henri Levy Maßnahmen, die nahezu unbeachtet von der Weltöffentlichkeit in der arabischen Welt gegen Iran getroffen wurden. So hätten die Vereinigten Arabischen Emirate beschlossen, iranische oder für den Iran bestimmte Schiffe in ihren Gewässern zu kontrollieren und iranische Bankkonten eingefroren, und Saudi-Arabien habe bekannt gegeben, seinen Luftraum für israelische Flugzeuge öffnen zu wollen. Levy hält dies für ein außergewöhnliches Ereignis: "Man könnte wohl sagen, dass die Entscheidung der Emirate ein Schlag gegen das Regime ist. Besser gesagt eine kalte Dusche der Wahrheit für all die Trottel, die unter dem Vorwand eines 'heiligen Bunds' aller Muslime in der Region gegen den 'zionistischen Feind' an eine widernatürliche Allianz geglaubt haben."

Magazinrundschau vom 25.05.2010 - Point

Bernard-Henri Levy lässt nicht locker und erklärt nochmals, warum er nicht aufhört, Roman Polanski zu verteidigen: "Zunächst einmal auch deshalb, weil Polanski, anders als es die gleichgeschaltete öffentliche Meinung glaubt, nicht vor der amerikanischen Justiz 'geflohen' ist: Er ist in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt, nachdem er bereits in Frankreich war. Er ist zurückgekehrt, um im Hochsicherheitsgefängnis von Chino die Strafe abzusitzen, die - wie in den USA üblich - zwischen den Parteien vereinbart worden war, also zwischen seinem Anwalt, dem des Opfers, dem Staatsanwalt des Distriktes und natürlich dem Richter, der die Parteien einberief und die Vereinbarung zur Kenntnis nahm. ... Die Polanski-Affäre entsteht mit anderen Worten in dem Moment, in dem der Richter, angestachelt durch eine bis zur Weißglut erhitzte Presse, die Vereinbarung wieder zerreißt."

Magazinrundschau vom 11.05.2010 - Point

In seinen Bloc-notes erklärt Bernard-Henri Levy, weshalb er den "Appell an die Vernunft" von JCall unterstützt, dem europäischen Ableger der jüdisch-amerikanischen Lobbygruppe JStreet, die sich im Gegensatz zu anderen mächtigen Gruppierungen strikt für eine Zweistaatenlösung im Nahen Osten und einen sofortigen Stopp des israelischen Siedlungsbaus aussprechen. Auch wenn Levy glaubt, dass der Appell bei denen, an die er gerichtet ist, wohl nur ein "schwaches Echo" auslösen wird. "Die Fascho-Islamisten der Hisbollah und ich sprechen, gelinde gesagt, nicht dieselbe Sprache; die Chance, dass ein Appell an die Vernunft die Mauer ihres gnadenlosen Hasses überwindet, geht, das weiß ich, gegen Null; mit einem israelischen Parteigänger über die Weiterverfolgung des Siedlungsbaus zu diskutieren oder auch mit einem Religiösen, der entschlossen ist, in der Jerusalem-Frage nicht nachzugeben, erscheint mir dagegen im Bereich des Möglichen und deshalb in dieser Lage im Bereich des absolut Notwendigen."

Magazinrundschau vom 04.05.2010 - Point

In seinen Bloc-notes meldet sich Bernard-Henri Levy in einer Debatte über Sigmund Freud zu Wort, die in Frankreich immer mal wieder aufflammt. Diesmal wurde sie ausgelöst durch ein Buch des Philosophen Michel Onfray, der in "Le Crepuscule d'une idole" ein giftiges Porträt von Freud zeichnet, der geldgierig, zynisch und erfolgsgeil gewesen sei und dessen Theorie nur dank seines Talents zu Propaganda und Einschüchterung zur Religion geworden sei. "Banal, vereinfachend, kindisch, schulmeisterhaft und mitunter an der Grenze zur Lächerlichkeit", urteilt Levy über das Buch. "Das ist sehr betrüblich. Ich hatte Mühe, in diesem Geflecht aus eher törichten als boshaften Plattitüden den Autor einiger Bücher - darunter 'Le ventre des philosophes' - wiederzufinden, die mir vor zwanzig Jahren vielversprechend erschienen. Die Psychoanalyse, die schon anderes erlebt hat, wird sich davon wieder erholen. Was Michel Onfray angeht, bin ich mir da nicht so sicher."

Magazinrundschau vom 13.04.2010 - Point

Godard ein Antisemit? So ganz will Bernard-Henri Levy diese Eventualität (mehr hier) nicht an sich heranlassen, obwohl ihm Äußerungen Godards in seiner maoistischen Phase, aber auch in einem neunstündigen Videogespräch, das auf DVD vertrieben wird, zu denken geben: "Dass Godards Beziehung zum Judentum komplex, widersprüchlich, zwiespältig ist, dass seine Unterstützung für die extremsten palästinensischen Standpunkte in den Siebzigern, etwa in seinem Projekt 'Ici et ailleurs', problematisch ist, dass es in den 'Morceaux de conversation' mit Alain Fleischer (2009) Passagen gibt, die mich erschüttern, steht außer Zweifel. Aber daraus gleich ein 'Antisemit Godard' zu folgern und sich auf diesen vermuteten Antisemitismus zu stützen, um das ganze Werk zu disqualifizieren, heißt, einen beachtlichen Künstler zu beleidigen. Es ist ein Spiel mit einem Wort - Antisemitismus -, das mit extremer Vorsicht zu handhaben ist."
Stichwörter: Judentum, Levy, Bernard-Henri

Magazinrundschau vom 16.03.2010 - Point

In einem äußerst lebhaften Interview spricht der Schriftsteller Philippe Sollers über französische Identität, Mozart, Literatur und seinen Kampf gegen den Nihilismus. Auf die Frage, wer im Kontext seiner These, der aktuelle Nihilismus sei ein Programm, dieses denn ins Werk setze, antwortet er: "Der Teufel natürlich... Die Schwächung der Literatur produziert jedenfalls gute Sklaven. Wenn ich Tyrann bin, König der Welt, Mörder von Anfang an, ein Verleumder, habe ich ein Interesse daran, dass der menschliche Geist so betäubt ist wie nur möglich - ich nehme den Körpern ihre Empfindungen und lasse ihnen nur ein paar Prothesen, die ihnen erlauben, sich an die Maschine anzupassen. Den Tod gibt es nicht mehr, der Mensch ist produzierbar: Erinnert sie dieses hübsche Programm nicht an etwas?"