Magazinrundschau - Archiv

The Economist

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Magazinrundschau vom 06.08.2013 - Economist

Die USA drohen, ihre konstituierenden Freiheitswerte endgültig preiszugeben, wenn sie das nach dem 11. September außer Balance geratene Verhältnis von Sicherheit und Freiheit nicht bald wieder ins Gleichgewicht bringen, rät der Economist dem transatlantischen Bündnispartner. Zwar bringt man Verständnis dafür auf, dass das Land Manning und Snowden belangen will, doch "ist auch die unverhältnismäßig harte Behandlung von Manning von Belang. ... Diese Härte ist so kontraproduktiv wie ungerecht. Jede Demokratie braucht ihre Geheimnisse. Doch um unausweichlichen Machtmissbrauch aufdecken zu können, braucht auch jede Demokratie ihre Leaks. Snowdens Unterstützer merken an, dass der Whistleblower vor allem auch wegen Mannings harscher Behandlung zuerst in die Arme der Chinesen und dann der Russen geflohen ist. Für Amerika wäre es besser gewesen, wenn er sich stattdessen vor einem amerikanischen Gericht gerechtfertigt hätte."

Weitere Ratschläge: Dem neuen iranischen Präsidenten Rohani sollten die USA zwar vorsichtig skeptisch, aber grundsätzlich aufgeschlossen begegnen, legt man hier dar und bemängelt zudem, dass der Westen bei der aufbrandenden Gewalt in Ägypten wegschaut. Außerdem blickt der Economist Spitzenforschern dabei über die Schulter, wie sie den Computer der Zukunft nach Vorgaben des menschlichen Gehirns entwerfen.

Magazinrundschau vom 30.07.2013 - Economist

Die Pleite von Detroit beschäftigt auch den Economist: "Viele mutmaßen, dass die Stadt Vermögenswerte verkaufen wird, um die Schulden zu lindern. Das Detroit Institute of Arts verfügt über eine gute Sammlung alter Meister. Der Flughafen und vielleicht sogar die Insel Belle Isle könnten zur Disposition stehen. Kein Zweifel, die Senioren haben lieber ihre Rente, als einen Ort, an dem sie sich alte Gemälde anschauen können. ... Andere wiederum sorgen sich, dass der Verkauf von Detroits Schätzen die Lebensqualität mindern und damit noch mehr Leute dazu bringen wird, die Stadt zu verlassen." An anderer Stelle erfahren wir unterdessen, dass sich die Pleite zumindest in der Innenstadt kaum bemerkbar macht und sich sogar noch Investoren niederlassen: "Grundstücke sind so günstig, dass Detroit noch immer Visionäre anzieht."

Die Daily Show bringt die Misere auf den Punkt:



Außerdem hat sich der Economist zum Lesen an den Strand zurückgezogen: Er schmökert begeistert im zweiten Band von Reiner Stachs Kafka-Biografie, informiert sich mittels einer neuen Studie über den koreanischen Bürgerkrieg, beschäftigt sich mit den letzten 100 Tagen John F. Kennedys und erfährt, dass Jesus vielleicht doch nicht so friedliebend gewesen ist.

Magazinrundschau vom 16.07.2013 - Economist

Der Arabische Frühling ist trotz der jüngsten Entwicklungen kein Fehler gewesen, insistiert der Economist: Zum einen verlaufen demokratische Umwälzungen stets gewalttätig und langwierig, zum anderen beschönigt man die nicht hinnehmbaren Zustände vor den Umstürzen, lautet die Argumentation. Dennoch hält der Economist den Sturz Mursis für das Scheitern einer zentralen Säule jeder kommenden Demokratie in der Region: "Man kann die Muslimbrüder nicht ignorieren. Im Gegenteil, man muss sie im Mainstream absorbieren. Deshalb ist der ägyptische Staatsstreich so tragisch. Wären die Muslimbrüder an der Macht geblieben, hätten sie womöglich den für die Regierung eines Landes notwendigen Pragmatismus und Toleranz gelernt. Stattdessen wurden ihre Vorbehalte gegenüber demokratischer Politik bestärkt. Jetzt ist es an Tunesien, dem ersten arabischen Land, dass sich des Jochs der Autokratie entledigt hat, zu beweisen, dass arabische Islamisten Länder auch anständig regieren können. Das Land befindet sich derzeit auf genau dem Weg, sich eine Verfassung zu geben, die als Grundlage für eine anständige, alle einschließende Demokratie dienen könnte. Sollte sich der Rest der arabischen Welt in diese Richtung bewegen, wird es viele Jahre dauern, dies umzusetzen."

Magazinrundschau vom 09.07.2013 - Economist

Der Economist reagiert zwar mit "Beklemmungen" darauf, dass mit Mursi ein demokratisch gewählter Präsident gestürzt wurde, hat aber wegen dessen zahlreicher politischer Verfehlungen durchaus Verständnis für den Wunsch der Ägypter, sich seiner zu entledigen. "Dass ihnen dies gelungen ist, könnte sich durchaus als Katastrophe entpuppen - und zwar nicht nur für Ägypten. Der Präzedenzfall, den Mursis Amtsenthebung für andere, wackelige Demokratien darstellt, ist schrecklich. Er wird die Unzufriedenen dazu ermutigen, Regierungen nicht über die Urne abzusetzen, sondern indem sie ihre Herrschaft zerschlagen. Für die Oppositionen in der gesamten arabischen Welt stellt er einen Anreiz dar, ihren politischen Willen nicht in den Parlamenten, sondern auf den Straßen auszufechten. ... Wenn das Militär die Macht für sich behält, steht Ägypten wieder dort, wo es vor Mubaraks Amtsenthebung stand - doch ohne die Hoffnung, die vor dem Versuch einer Revolution und deren Scheitern herrschte."

Die europäischen Forderungen an die USA, ihre Spionageaktivitäten zu zügeln, sind zwar begründet und berechtigt, doch kann Europa auch kein Interesse daran haben, zu stark auf den Tisch zu klopfen, legt der Economist dar. Nicht nur, weil die europäischen Länder selbst gerne Daten und Informationen mit unlauteren Mitteln abgreifen, sondern auch, weil Europa ein Interesse am amerikanischen Schutzschirm über den Kontinent hat. "Zudem hat Europa am meisten vom transatlantischen Handelsabkommen zu gewinnen. Das zusätzliche wirtschaftliche Wachstum, das damit einher gehen würde, wird verzweifelt benötigt. Auch Amerika will das - doch genießt es bereits einen moderaten wirtschaftlichen Aufschwung jener Art, für die Europa alles tun würde, und ist gerade im Begriff, einen ähnlichen, transpazifischen Pakt zu verhandeln. Amerika könnte seine Anstrengungen auf diesen konzentrieren, wenn die Spionagegeschichte die Verhandlungen mit den Europäern zu schwierig macht."
Stichwörter: Urnen

Magazinrundschau vom 02.07.2013 - Economist

Der Economist unterzieht die Protestbewegungen der letzten Wochen und Monate einer genaueren Untersuchung. Zwar mag "diese schnell mobilisierbare Bereitschaft zum breiten Schönwetter-Aktivismus so schnell wieder verschwinden, wie sie erschienen ist. Dies war etwa das Schicksal des Occupy-Protests, der 2011 in den westlichen Städten seine Zelte errichtet hatte. ... Schlägkräftiger aber sind die politischen Erwartungen einer rasant wachsenden Mittelschicht in den aufstrebenden Staaten (mehr). ... In der Türkei ist die Zahl der Universitätenabschlüsse seit 1995 jährlich um acht Prozent gestiegen. Die dadurch entstandene junge Mittelschicht reibt sich am religiösen Konservatismus des Premierministers Erdogan, der für große Familien und Alkoholkontrollen einsteht. Die 40 Millionen Brasilianer, die sich in den vergangenen acht Jahren aus der Armut hochgearbeitet haben, sind erstmals in der Lage, die Gesellschaft zu hinterfragen, die sie mit ihren Steuern finanzieren. Sie fordern einen anständigen Staatsdienst und erhalten stattdessen überteuerte Fußballstadien." In einem gesonderten Artikel befasst sich der Economist mit den Vor- und Nachteilen der sozialen Medien für die Protestdynamiken.

Magazinrundschau vom 25.06.2013 - Economist

Der neue iranische Präsident Hassan Rohani und dessen gemäßigtere Ansichten geben dem Economist zwar Anlass zu vorsichtigen Hoffnungen auf Verbesserung der Beziehungen zwischen dem Westen und dem Iran. Wegen der großen Fortschritte des iranischen Atomprogramms (mehr dazu hier) und der vergleichsweise vitalen Wirtschaftsmacht des Irans innerhalb der Region, fordert er im Hinblick auf Syrien dennoch rasches Handeln: "Das wachsende Risiko eines nuklear ausgestatteten Irans ist ein Grund, warum der Westen in Syrien entschieden intervenieren sollte. Nicht nur mit Waffen für die Rebellen, sondern auch mit einer Flugverbotszone. Dies nimmt Assad seine effektivste Waffe - aus Flugzeugen abgeworfene Bomben - und gestattet es den syrischen Rebellen, Militärbasen zu errichten. Bereits in der Vergangenheit haben wir uns schon oft aus humanitären Beweggründen hierfür ausgesprochen; doch Irans wachsender Einfluss ist ein weiterer Grund. Es liegt nicht im Interesse des Westens, dass ein Land, das Terrorismus unterstützt und Israels Existenzrecht verneint, zur regionalen Hegemonialmacht auswächst."

Magazinrundschau vom 18.06.2013 - Economist

Ungewohnte Worte aus Großbritannien: "Gefahr für Europa besteht derzeit nicht in zu viel deutscher Führung, sondern in zu wenig", schreibt der Economist in einem Plädoyer an Angela Merkel, sich ihrer Rolle an der Spitze des mächtigsten EU-Staats bewusst zu werden und entsprechend verantwortungsvoll zu handeln. Auch die Bedenken, einen reformunwilligen Süden mit durchzuschleifen, sollte Deutschland demnach fallen lassen: "Diese moralistische Einschätzung basiert auf einer selektiven Lektüre der Geschichte. Deutschland erwartet Reformen in Südeuropa zu einem Zeitpunkt der Sparsamkeit, doch als sich Deutschland 2003 selbst Reformen unterzog, überschritt es die Budgetdefizit-Regeln des Euros. ... Auch ist Deutschlands Wirtschaft nicht so robust, wie es scheinen mag. ... Im Lauf der kommenden zehn Jahre wird die deutsche Arbeitskraft um etwa 6,5 Millionen sinken, also etwa um die Zahl der Arbeiter in Bayern. Deutschland ist im höchsten Maße auf ein erfolgreiches Europa angewiesen - nicht nur als nobles Projekt oder als Akt der Nächstenliebe, sondern wegen seiner eigenen wirtschaftlichen Zukunft."

In einem zweiten Artikel wagt der Economist einen Blick ins nächste Jubiläumsjahr der Wiedervereinigung, 2020, für das er ein pessimistisches EU-Szenario nicht für völlig abwegig hält, sollte die Krise nicht gemeistert werden: "Diverse südeuropäische Länder haben die Einheitswährung verlassen, nachdem euroskeptische Parteien an die Macht gekommen sind. Der Euro, jetzt beschränkt auf eine Gruppe nordeuropäischer Wirtschaften, ist im Wert gestiegen, was die deutsche Exportmaschinerie schwer trifft. Deutsche Firmen und Banken liegen im Clinch mit Schuldnern im Zahlungsverzug. ... Europas Nachkriegsprojekt einer Einigung liegt in Scherben. Und viele ausländische Gäste bei Deutschlands Geburtstagsfeiern denken insgeheim, dass ihre Gastgeber den Großteil an Verantwortung dafür tragen. Ein paar mögen sogar unfreundlich murren, dass es Deutschand zum dritten Mal in gerade einmal einem Jahrhundert gelang, den Kontinent zu ruinieren." (Schlimm, wie hilflos britische Spekulanten dabei zusehen müssen!)

Magazinrundschau vom 11.06.2013 - Economist

Erdogan - Sultan oder Demokrat, fragt sich der Economist mit sorgenvollem Blick Richtung Istanbul: "Einige Beobachter sehen im türkischen Aufstand (siehe auch dieser Artikel) einen neuen Beweis dafür, dass Islam und Demokratie sich nicht vertragen. Doch Erdogans religiöse Überzeugungen sind nicht der entscheidende Punkt. Die wahre Lektion, die man aus den Ereignissen ziehen kann, betrifft den Autoritarismus: Die Türkei wird einen Demokraten aus der Mittelschicht, der sich wie ein ottomanischer Sultan benimmt, nicht hinnehmen. ... Erdogan erfreut sich noch immer großer Popularität, insbesondere unter den kleinen Gewerbetreibenden und der konservativen Landbevölkerung Anatoliens, die den Großteil der Millionen Zugezogener der letzten Jahre in den Städten stellt. Angesichts einer nutzlosen Opposition dürfte die AK wohl neuerlich siegreich aus einer Wahl hervor gehen. Und doch gibt Erdogan seit langem Anlass zur Sorge. Einmal hat er die Demokratie mit einem Zug verglichen, aus dem man aussteigt, sobald man am Zielbahnhof angekommen ist. Dem kosmopolitischem Bürgertum in Istanbul und Izmir begegnet er mit Abscheu. Die religiösen Wurzeln seiner Partei lassen viele eine Islamisierung von Atatürks einstmals stolz säkularem Staat fürchten."

Außerdem berichtet der Economist von der Biennale in Venedig, wo, anders als in den vergangenen Jahren, die Hauptschau im Gegensatz zu den Pavillons mit "wirklich überraschender Kunst" die eigentliche Attraktion darstellt.

Magazinrundschau vom 04.06.2013 - Economist

Mehr und mehr Newsoutlets greifen auf Fotos und Videos von Bürgerjournalisten zurück. Der Economist berichtet von den Problemen und Herausforderungen, die damit einher gehen: Zum einen laden die Nutzer ihre Aufnahmen mittlerweile lieber eigenständig ins Netz als sie bei Sendern und Zeitungen einzureichen, zum anderen frisst die Gegenrecherche die oft knapp bemessene Zeit im Konkurrenzkampf der Medienhäuser. Und "Journalisten, die diese Hürden meistern, müssen noch immer die Rechte für das gefundene Material einholen. Dies kann die größere Herausforderung darstellen, sagt Liz Heron, die Verantwortliche des Wall Street Journal für soziale Medien. Üblicherweise fordern die Urheber eine Namensnennung, ohne auf einer Bezahlung zu bestehen. Doch ist es zuweilen schwierig, sie ausfindig zu machen. Die Nachrichtenredakteure verlieren viel Zeit damit, auf Antworten zu warten. Viele Journalisten sehnen sich deshalb nach einfacheren Lizenzierungsregeln. Sie wünschen sich, dass Youtube und Twitter seinen Nutzer einfachere Möglichkeiten bietet, Medienunternehmen Nutzungsrechte zu gewähren - etwa indem sie ein Häkchen bei einer entsprechenden Box setzen."

Außerdem wägt der Economist die Chancen für eine privatwirtschaftliche Marsbereisung oder sogar -kolonialisierung ab, schaut sich die neuen Arbeitsbeziehungen im Cloud-Zeitalter näher an und stellt die, im übrigen profitorientierte, Aktivismusplattform change.org vor.

Magazinrundschau vom 28.05.2013 - Economist

Ein Hauch von Science Fiction: Mit steigender Rechenleistung könnten auch bislang als zuverlässig geltende kryptografische Verfahren hinfällig werden. Abhilfe sollen neue Möglichkeiten der Verschlüsselung auf Photonenbasis schaffen, erfährt man hier anhand des Beispiels von Alice und Bob, in deren Kommunikation Eve Mäuschen spielen will: "Die am weitesten entwickelten Form von quantenbasierter Kryptografie (...) basiert darauf, einen Angriff im Vollzug abzuwehren statt eine Entschlüsselung zu verhindern. Auch hier bildet eine riesige Nummer den Schlüssel - eine mit hunderten von Ziffern, würde man sie im Dezimalsystem darstellen. Diese schickt Alice in Form einer Serie von Photonen, den Lichtpartikeln, an Bob bevor sie die verschlüsselte Nachricht selbst schickt. Um diese Übermittlung lesen und den Schlüssel abgreifen zu können, müsste Eve einige Photonen zerstören. Da Bob der Verlust dieser Photonen natürlich auffallen würde, müsste Eve identische Photonen erschaffen und an Bob übermitteln, um nicht aufzufliegen. Doch Alice und Bob (beziehungsweise die Ingenieure, die an dem Equipment arbeiten) können dies unterbinden, indem sie zwei verschiedene Quantengrößen nutzen, etwa die Polaritäten des Photons, um die Einser und Nuller zu kodieren, auf denen der Schlüssel basiert. Gemäß der Heisenbergschen Unschärferelation kann aber nur eine dieser beiden Größen gemessen werden. Eve kann die Photonen also nicht rekonstruieren ohne dabei Fehler zu machen. Doch wenn Bob diese Fehler bemerkt, kann er Alice darum bitten, die eigentliche Nachricht besser erst zu übermitteln wenn die Verbindung sicher ist."

Außerdem drängt der Economist die EU, ihre Krise endlich zu bewältigen, schreibt Obamas zweite skandal- und krisengeschüttelte Amtsperiode noch nicht völlig ab und empfiehlt den Besuch des wiedereröffneten Lenbachhauses in München.