Magazinrundschau - Archiv

The Daily Beast

7 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 08.12.2020 - Daily Beast

Große Gespräche mit Steven Soderbergh über die Lage von Film und Kino bilden fast schon ein eigenes filmpublizistisches Genre in den letzten Jahren. Das große Coronakrisengespräch hat nun Nick Schager mit dem Regisseur geführt, der in den letzten Jahren hauptsächlich für Streaming-Plattformen gearbeitet hat (das Gespräch liegt auf den ersten Blick hinter einer Paywall, lässt sich aber über den Reading-Modus des Browsers frei lesen). Dass Warner gerade zum Entsetzen vieler Kinos verkündet hat, seine Blockbuster im kommenden Jahr parallel per Stream auf HBO Max auszuwerten, hält Soderbergh - der selbst in wenigen Tagen seinen neuen Film auf HBO Max veröffentlicht - für völlig plausibel. Das Ende des Kinos sieht er trotzdem nicht gekommen, vielmehr sollten Studios und Kinobetreiberverbände nun "praktische und realistische Gespräche über das Auswertungsfenster führen. Es braucht einfach eine gewisse Fluidität. Es gibt nicht das eine Muster, das zu jedem Film passt. Jeder Film ist anders. Man braucht diese Flexibilität. Wenn es schlecht läuft mit dem Film, den man gerade landesweit in die Kinos bringt, und man am Freitag um drei Uhr nachmittags erfährt, dass er im Kino nicht funktioniert, dann muss man einfach in der Lage sein, ihn so schnell wie möglich auf eine Plattform zu bringen. Man gibt so viel Geld aus, damit eine Sache ins Laufen kommt, und wenn das nicht klappt, sollte man tun dürfen, was immer man tun will. Die Kinos schmeißen den Film sowieso aus dem Programm, weil er floppt. ... Eine Variable, die wirklich noch nicht ausgeschöpft ist, ist die, dass all diese großen Kinoketten jetzt, da wir in einer volldigitalisierten Welt leben, sich als Repertoire-Kinos neu erfinden könnten, in dem sie all die Filme aus den letzten 120 Jahre zeigen, die das Publikum nie im Kino gesehen hat. ... Es gibt diese noch gar nicht voll ausgeschöpften Optionen, die Leute wieder daran zu gewöhnen, Filme zu sehen und ihnen etwas zu geben, was sie noch nie gesehen haben."

Magazinrundschau vom 12.07.2016 - Daily Beast

Am vergangenen Sonntag gewann der japanische Premierminister Shinzo Abe die für eine Verfassungsänderung notwendige Zweidrittelmehrheit bei den Nachwahlen in Japans Oberhaus. Einen Tag vor den Wahlen berichtete Jake Adelstein im Daily Beast über ein Buch mit dem Titel "Nippon Kaigi No Kenkyu" (Recherche über die Japan-Konferenz), in dem der Journalist Tamotsu Sugano über die bis dato geheime Gruppe der Nippon Kaigi, ihre Ursprünge, Ziele, ihren Einfluss und die Gefahr, die von ihr ausgeht, aufklärt: "Die jüngsten Ziele der Sekte: Japans pazifistische Nachkriegs-Verfassung demontieren, sexuelle Gleichberechtigung beenden, Ausländer los werden, nervige 'Menschenrechte' aufheben und Japan zu seiner einstigen imperialen Herrlichkeit zurück führen." Sowohl Shinzo Abe als auch ein Großteil der regierenden LDP gehören der konservativen Sekte an, die teilweise auch von den Medien unterstützt wird. Adelstein hatte in seiner Reportage befürchtet, was nun Realität geworden ist: Mit der erreichten Mehrheit seien Abe und die Nippon Kaigi "ihrem Traum näher als je zuvor - die Verfassung zu ändern, um Japan wieder zu einer militaristischen Feudalgesellschaft zu machen, in der Frauen, Kinder, Jugendliche und Ausländer keine grundlegenden Menschenrechte haben, außer dem Recht, die Klappe zu halten."

Wertvolle Hintergrundinformationen über die Gruppe und ihre Aktivitäten in der Vergangenheit liefern The Japan Times, The Economist und die New York Times: In letzterer warnt Norihiro Kato (schon 2014) vor dem gefährlichen EInfluss der Nippon Kaigi.

Magazinrundschau vom 17.02.2015 - Daily Beast

Nur 0,7 Prozent aller jährlich in Amerika erscheinenden Bücher sind Literaturübersetzungen. Aber liegt das nun daran, dass die Amerikaner keine ausländische Literatur lesen, oder lesen sie diese Literatur nicht, weil sie nicht übersetzt wird? Bill Morris hat sich über diese Frage mit einigen Verlegern unterhalten. Judith Gurewich von Other Press zum Beispiel ist immer wieder überrascht, welche ihrer Übersetzungen erfolgreich sind: "Sie hat "Nacht ist der Tag" des deutschen Autors Peter Stamm veröffentlicht. Er wurde mit Kafka verglichen, seine Prosa ist klar und zugänglich, das Buch hat große Kritiken bekommen und war unter den Finalisten für den Man Booker International Preis. "Und ich kann es nicht verkaufen", sagt Gurewich. "Ich habe keine Ahnung, warum." Andere Überraschungen sind wiederum erfreulich. Gurewich hatte bescheidene Hoffnungen für "Ich nicht", die Erinnerungen von Joachim Fest an seine Aufwachsen in einem Anti-Nazi-Haushalt während des Zweiten Weltkriegs. Das Buch "verkauft sich sehr gut", sagt Gurewich. Große Erwartungen hatte sie auch nicht für "Das Herzenhören", eine hauptsächlich in Burma angesiedelte Liebesgeschichte des deutschen Autors Jan-Philipp Senker. Das Buch hat sich mehr als 300.000 mal verkauft."

Magazinrundschau vom 04.04.2014 - Daily Beast

Der 20. Februar war der gewalttätigste Tag in der ukrainischen Geschichte seit dem Mauerfall. Mehr als hundert Demonstranten auf dem Maidanplatz wurden getötet, die meisten davon offenbar von Scharfschützen, denn sie hatten auffällig präzise Wunden in Kopf- oder Herznähe. Jamie Dettmer bringt Belege, dass die Scharfschützen aus einer Eliteeinheit des ukrainischen Geheimdiensts SBU kamen. Er bezieht sich auf Fotomaterial ukrainischer Bürger, das zeigt, wie sich Geheimdienstler in ihrem Hauptquartier versammeln und verkleiden: "Der SBU ist Nachfolger des ukrainischen Zweigs des KGB aus Sowjetzeiten und hat bis heute außerordentlich enge Beziehungen zu Moskau. Lange Zeit "kamen führende SBU-Beamte vom KGB", sagt Boris Volodarsky, ein früherer russischer Geheimdienstler und Autor des Buchs "The KGB"s Poison Factory". Nach seinen Angaben hat der heutige russische Geheimdienst über Jahre sichergestellt, dass er in sein ukrainisches Gegenstück einbezogen ist und dass "Agenten und Ansprechpartner vor Ort bleiben". Dies war unter der Präsidentschaft des Russland-Freunds Janukowitsch leicht zu bewerkstelligen."

Magazinrundschau vom 25.10.2011 - Daily Beast

Am Beispiel von Wael Ghonim, dem Google-Mitarbeiter, der mit seiner Facebookseite den ägyptischen Protest gegen Mubarak enorm angefeuert hat und der sich heute klein macht, weil er nicht als Möchtegernanführer beschimpft werden will, beschreibt Mike Giglio die Zwickmühle, in der Ägyptens Opposition heute steckt. Die Aktivisten möchten keinen Anführer, keinen Helden, denn damit habe Ägypten schlechte Erfahrungen gemacht. Aber damit geben sie natürlich den Militärs freie Bahn: "Mubaraks Fall, nach drei Jahrzehnten eines eisenharten Regiments, hat eine Leere hinterlassen, von der viele erschöpfte Aktivisten dachten, nur das Militär könne sie füllen. Als das oberste Gremium der Armee (SCAF) die Macht übernahm, versprach es dem Land, den Übergang zur Demokratie so schnell zu organisieren. 'In gewisser Weise hatten wir keine Alternative zum Militär', sagt Khalil. 'Wir konnten niemanden aus unserer Mitte wählen, wir akzeptierten diese Tatsache und dachten, okay, lasst sie fahren. Lasst sie fahren, bis wir die Fahrerlaubnis bekommen und jemand von unserer Seite die Fahrt bestimmt.'"

Magazinrundschau vom 16.08.2011 - Daily Beast

Coco Chanel war noch tiefer in deutsche Geheimdienstaktivitäten verstrickt als bisher bekannt, hat Hal Vaughan in seiner neuen Biografie "Sleeping with the Enemy: Coco Chanel's Secret War" (Auszug) herausgefunden, die Michael Korda für The Daily Beast bespricht. Aber Korda will sie dennoch nicht in Bausch und Bogen verurteilen und liefert eine kleine Etüde in kontrafaktischer Geschichte: "Die Engländer unter uns mögen sich fragen, wie das Leben in einem besetzten Britannien gelaufen wäre, gesetzt den Fall, dass die Deutschen uns im Sommer 1940 geschlagen hätten. Hätte Lord Halifax in einer kollaborierenden Regierung die Rolle des Marschalls Petain gespielt, mit dem britischen Faschisten Sir Oswald Mosley als Premierminister? Hätten die Deutschen den König George V. durch seinen Bruder, den ausgesprochen prodeutschen und antisemitischen Herzog von Windsor ersetzt - mit der Herzogin als 'Queen Wallis'?"

Magazinrundschau vom 09.02.2010 - Daily Beast

"England ist eine Jauchegrube", ruft der nigerianische Nobelpreisträger Wole Soyinka im Interview mit Tunku Varadarajan. Er ist empört, dass Nigeria nach dem Attentatsversuch des Unterhosenbombers Omar Farouk Abdulmutallab auf der Liste für terroristische Länder gelandet ist. "'Das war eine irrationale, reflexhafte Handlung der Amerikaner. Der Mann wurde nicht in Nigeria zum Radikalen, sondern in England, wo er auf die Universität ging.' (...) In Soyinkas Augen liegen die Wurzeln der jetzigen Phase religiöser Aueinandersetzung - die Blutbäder in Nigeria eingeschlossen - in der Fatwa des Ayatollah Khomeini gegen Salman Rushdie 1989. 'Alles begann damit, dass er die Macht über Leben und Tod eines Schriftstellers beanspruchte. Dass war die Wasserscheide zwischen doktrinärer Aggression und physischer Aggression. Das war eine Eskalation. Der Anspruch auf die Macht über Leben und Tod ging dann über auf jeden einzelnen unbedeutenden Muslim in der Welt - als ob jemand ihnen eine neue Statur verliehen hätte.'" In der Times hat Soyinka seine Thesen noch etwas näher ausgeführt und mit eigenen Erfahrungen in England angereichert.