Und noch zwei Artikel über
Berlin. Vor knapp drei Wochen
beschrieb der australische Musiker Robert F. Coleman in der
NYT, wie schnell ihn das leichte Leben in dieser Stadt in
Party und Lethargie versinken ließ, statt seiner Kreativität echten Aufschwung zu geben. In
The Awl sieht der Deutsch-Kanadier Thomas Rogers, der einen Job in New York hinschmiss, um nach Berlin zu ziehen, das ähnlich: "Wie Coleman wollte ich meine neu gewonnene Freizeit dazu nutzen, an einem
großen Projekt zu arbeiten, an einer Buchidee, über die ich schon seit Jahren nachdachte. Zuerst warf ich mich richtig ins Zeug: Ich ging für eine
Reportage nach Prag, interviewte über Skype amerikanische Experten, lieh mir Bücher aus der Universitätsbibliothek aus. Aber wie meine Freundin Charlie, die seit fünf Jahren hier lebt, meint: 'Es ist immer lustig, wenn neue Leute hier ankommen, weil sie immer noch Energie und Ehrgeiz haben, den der Rest von uns wie die Vampire
aussaugen kann. Aber keine Angst, schon bald bist du wie wir, lebst von den Neuankömmlingen."
Jessa Crispin von
Bookslut brach in New York alle Brücken ab, als sie nach Berlin kam, und war (ist?) hier totunglücklich. Ihr
Artikel ist etwas wehleidig, dann aber doch interessant, weil sie ihre Situation mit der von
Henry James'
großem Bruder William vergleicht, der mit 25 Jahren in Berlin gestrandet war und auch nicht wusste, was aus ihm werden und was er mit dieser Stadt anfangen sollte: "Lieber Gott, was ist das mit mir und Männern und Willam James? Ich habe angefangen ihn zu lesen, weil ich in einen Jungen verknallt war. Einen Jungen, der ein
geflochtenes Hanfhalsband trug. Meine romantische Entblößung kennt keine Grenzen. Eines Nachts verkündete er beim Abendessen, aus dem Blauen, dass
'Varieties of Religious Experience' sein Lieblingssachbuch aller Zeiten sei. Es war nicht die erste Erwähnung von James. Seit Monaten kam sein Name immer wieder auf. Er wurde in Büchern zitiert, die ich las, Freunde erwähnten ihn im Gespräch. Aber ich dachte immer, ooch, ein toter weißer Philosoph von der Ostküste? Der in Harvard lehrte? Nichts für mich. Es musste schon ein hübsches Gesicht (mit einem Hanfhalsband) kommen, bevor ich aufgab und die 'Varieties' las. Und damit
änderte sich alles."