Fakt 1: Publikumsverlage können mit ihren
Hardcover-Produktionen nur überleben, wenn sie die Erfolge der gebundenen Bücher mit einer
Zweitverwertung als Taschenbuch krönen. Für diese "Binsenweisheit" hätte Bertelsmann-Tochter
Random House bei der Zerschlagung des ursprünglichen Konglomerats
Ullstein Heyne List im vergangenen Jahr sogar kostspielige Zugeständnisse gemacht, erinnert sich der
Buchreport. (Heyne ging an
Bertelsmann, die anderen Verlage an
Bonnier - die Bertelsmänner sind nun
mit großem Abstand führend auf dem Taschenbuchsektor.) Fakt 2: Nur Optimisten sehen das Taschenbuch weiterhin als Wachstumsfeld der Branche. In 2003 seien die Umsätze der größten Taschenbuchverlage zwar wieder
leicht gestiegen, ist das Ergebnis einer groß angelegten Marktanalyse des
Buchreports, demgegenüber habe es aber
rund 500 Titel weniger als im Vorjahr gegeben. Der Schluss liegt nahe, dass die gestiegenen Umätze hauptsächlich auf einer
Erhöhung der Ladenpreise beruhen.
Ein paar Zahlen vom
deutschen Taschenbuchmarkt 2003: Die
Zahl der Novitäten sank um 7,82 Prozent auf 5637 Titel.
DTV war mit 505 Titeln der Verlag mit den meisten Neuerscheinungen. Die
Random House-Verlagsgruppe (inklusive Heyne) erzielte mit 174,9 Millionen Euro den größten Umsatz.
Goldmann hatte die meisten Nummer 1-Titel in der Gong-Bestsellerliste.
Suhrkamp verfügte mit 5240 Titeln über die größte Backlist. Ein Roman kostete durchschnittlich 8,42 Euro, ein Sachbuch 10,43 Euro.
"Literatur light" ist im Kommen. Schüler und Lehrer scheinen nur darauf gewartet zu haben. Nachdem der
Cornelsen Verlag mit der Reihe "...einfach klassisch" den Kanon der literarischen Klassiker orthografisch und stilistisch
auf den Stand der Zeit gebracht hat, wird seit vergangenem Jahr in dem von zwei Ex-Bild-Journalisten gegründeten "Moderne Zeiten"-Verlag alten Schinken ein Relaunch (
hier ein Überblick des aktuellen Angebots) verpasst. Erfolgreich, denn vom ersten Band der "klassik modern"-Reihe, "Die Räuber", verkauften "Moderne Zeiten"-Macher
Thomas Kuehn und
Jochen Dersch innerhalb weniger Monate die Startauflage von 10.000 Exemplaren. Sprachwissenschaftler sehen rot: "Angebote zur Bequemlichkeit machen den Kopf simpel und dumm", warnt ein Bonner Germanist im
Buchreport.
Ein
neues literarisches Genre kristallisiert sich - an Verlagen und am stationären Buchhandel vorbei - mit den so genannten
Weblogs heraus. In den Internet-Logbüchern findet eine "Literarisierung der unmittelbaren Gegenwart" statt, auf die ein "weltweites Lesepublikum, unabhängig von Auflagenhöhen, Werbeinvestitionen oder Geschmacksvorlieben des Buchhandels zugreifen kann", beschreibt der
Buchreport. Buchverlage
unterschätzten die Konkurrenz aus dem Internet, erklärt ein Autor mit Pseudonym
Don Alphonso. "Die klassische Buchwerbung und Rezensionen kommen heute bei jungen Lesern nicht mehr an. (...) Zehntausende schreiben sich im Web einen Wolf, Zigtausende lesen das. Es gibt also einen Bedarf, einen Markt - aber die Verlage, Lektoren und Agenten sind zu dumm, zu arrogant, zu faul, sich damit zu beschäftigen." Autoren, die im Internet schreiben, sind unter anderem
Else Buschheuer (
mehr),
Neil Gaiman (
mehr),
Alban Nikolai Herbst (
mehr) und
Ingo Niermann (
mehr).
Dass Autoren
Entscheidungsträger ihres Verlages sind, gibt's nicht oft. Ein Beispiel ist
Schöffling in Frankfurt: Dort bildet die Autorenschaft eine "aktive Community", die an wichtigen Verlagsentscheidungen beteiligt und aus der heraus der Nachwuchs gefördert wird. Verleger
Klaus Schöffling fährt gut damit.
Burkhard Spinnen habe ihn auf
Juli Zeh und
Franziska Gerstenberg aufmerksam gemacht, Inka Parei sei eine Empfehlung von
Katja Lange-Müller gewesen, erzählte Schöffling dem
Buchreport. Bisher habe ihm kein anderer Verlag einen deutschen Autoren abgeworben, freut er sich. Literarischen Nachwuchs zu halten und die
Kontinuität eines Werkes zu begründen sei eine Kunst.