Tom McCarthy

Satin Island

Roman
Cover: Satin Island
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2016
ISBN 9783421047182
Gebunden, 224 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Thomas Melle. U., der sich selbst "Firmenanthropologe" nennt, erhält den Auftrag, den Großen Bericht zu schreiben, ein universales ethnografisches Dokument, das unser gesamtes Zeitalter zusammenfasst. Doch schnell fühlt er sich überwältigt von der schieren Datenmenge und der augenscheinlichen Unmöglichkeit, das Vorgefundene in eine irgendwie geartete, sinnstiftende Erzählung zu übersetzen. Als er sich zu fragen beginnt, ob sein Vorhaben überhaupt gelingen kann, verändert ein Traum von einer apokalyptischen Stadtlandschaft, in deren Mitte eine gigantische Müllverbrennungsanlage thront, seine Wahrnehmung.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 02.07.2016

Überraschend kurz und ziemlich kryptisch bespricht Wieland Freund den neuen Roman Tom McCarthys, der ihm irgendwie "klimagekühlt" erscheint. Der Protagonist in "Satin Island" heißt U, phonetisch im Englischen also You: Du, erklärt der Rezensent. Dieser U ist Unternehmer und sarkastischer Kapitalist, oder auf sarkastische Weise Kapitalist, so Freund. Als solcher soll er ein abstraktes Projekt verwirklichen, indem er einen wirkungsvollen Bericht über dieses schreibt, was er allerdings nie tut, verrät der Rezensent, lieber träume U von Fallschirmen, die nicht aufgehen. Dem Kritiker ist das zwar ein wenig dick aufgetragen, aber wenn er nicht gerade mit Symbole-"Memory" spielen beschäftigt ist, entdeckt er hier durchaus starke satirische Momente.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.06.2016

Carlos Spoerhase hat die Essenz von Tom McCarthys neuem Buch erfasst, das kein Roman ist und auch nicht sein muss, wie er findet, hebt es doch alle anderen Genres locker in sich auf und verbindet sie zu einer Gegenwartsdiagnose, in der Teilnahme und Beobachtung verschwimmen und die derart schnell oszilliert, formal wie intellektuell, wie Spoerhase erklärt, dass sie aktuelle Kunsttheorie und Kulturkritik in den Sack steckt und die Leserin einigermaßen perplex zurücklässt. Wow. Auf eine durchgehende Handlung oder einen Erzähler-Helden kann Spoerhase da gerne verzichten. Stattdessen bekommt er komplex komponierte Reflexionsszenen, einen "metaphysischen Jetlag"  und eine Figur, die selbst eine Reflexionsform ist, wie der Rezensent uns wissen lässt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.06.2016

Angela Schader findet Tom McCarthy in seinem vierten Roman nicht weniger herausfordernd und speziell als bisher, aber dafür ganz auf der Höhe der Zeit. Dass es quasi keine Story gibt, dafür turmhohe Reflexionen eines Firmenanthropologen, der Levi Strauss und Lévi-Strauss zwar auseinanderhalten kann, aber beruflich schon mal beides vermischen muss. Was nach dünner Luft für den Leser klingt, ist für Schader durch überraschende Wendungen im Text und ebensolche Bilder doch reizvoll, auch weil der Autor die Gedanken seiner Figur nicht zur Welterklärung erhebt, sondern sie ziemlich gekonnt und nahezu traumhaft am Leserinnensinn vorbeigleiten lässt, wie Schader betört erläutert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.05.2016

Tobias Döring rät dringend zur zweimaligen Lektüre dieses Buches. Nicht nur, weil der Kritiker Tom McCarthys neuen Roman "Satin Island" so faszinierend findet, sondern auch, weil es hier so viel zu entdecken und entschlüsseln gibt, dass ein einziger Lesedurchgang nicht ausreichen wird, versichert der Rezensent. McCarthy, den Döring als klugen "Texttüftler" schätzt, spielt mit so vielen Handlungssträngen und Figuren, verknüpft und lässt doch alles offen, dass beim Leser ein Assoziationsfeuerwerk in Gang gesetzt wird, meint der Kritiker. Großartig auch, wie der gleichermaßen in Konzept- und Avantgardekunst und poststrukturalistischer Philosophie bewanderte Autor eine suggestive Erzählfigur namens "U.", also "You", auftreten lässt, die den Enträtselungsprozess auf den Leser überträgt, findet der Rezensent, der sich mit viel Vergnügen in dieses grandios übersetzte, nachhallende Textlabyrinth begeben hat.
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