Steph Cha

Brandsätze

Roman
Cover: Brandsätze
Ars vivendi Verlag, Cadolzburg 2020
ISBN 9783747201152
Gebunden, 336 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Karen Witthuhn. Als die Polizei einen unbewaffneten schwarzen Teenager erschießt, brechen in Los Angeles Unruhen aus, die Erinnerungen an den Fall Rodney King wachrufen. Inmitten dieser aufgeheizten Atmosphäre müssen sich zwei Familien ihrer Vergangenheit stellen. Grace Park, 27, arbeitet in der familieneigenen Apotheke, ihre aus Korea eingewanderten Eltern haben ihr immer ein behütetes Leben geboten. Doch dann erfährt Grace, dass ihre Mutter vor dreißig Jahren Ava Matthews erschoss - sie hatte die junge Schwarze fälschlicherweise für eine Ladendiebin gehalten und kam vor Gericht mit einem sehr milden Urteil davon. Shawn Matthews, Avas Bruder, hat Politik und Protest inzwischen abgeschworen, doch die aktuellen Ereignisse brechen alte Wunden auf. Als ein weiteres schockierendes Verbrechen die Stadt erschüttert, wird Shawn mit der Frage konfrontiert, ob wirklich alle in seiner Familie ihre Dämonen im Griff haben ...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.10.2020

Es ist gar nicht so sehr der Plot, es ist die atmosphärische Präzision, die die Rezensentin Catrin Lorch an diesen Roman fesselt. Der Autor spinnt einen berühmten Kriminalfall fiktiv weiter, erklärt sie. Denn die Geschichte eines schwarzen Mädchens, das von einer koreanischen Ladenbesitzerin wegen angeblichen Diebstahls von hinten erschossen wurde, hat die Stadtgeschichte von Los Angeles geprägt. Der Autor führt sie fort in die nächste Generation, wo sich Angehörige der Täterin und des Opfers neu begegnen, schreibt Lorch. Wie gesagt: Dabei geht es ihr weniger um den Plot als um die Schilderung der Stadtviertel und der kaputten Institutionen und natürlich um die Wiederholung eines Musters der Gewalt, das seit Jahrzehnten festgeschrieben scheint. Am Ende aber erzeugen die Black-Lives-Matter-Proteste neue Hoffnung.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.10.2020

Rezensent Martin Eimermacher nimmt aktuelle amerikanische Diskurse im Hintergrund wahr in Steph Chas Roman, der ein reales Tötungsdelikt aus den frühen 90ern in Los Angeles zur Vorlage hat, wie er erklärt. Es geht um den Mord an einer jungen Schwarzen, über den die Autorin vermittelt durch die Geschichte des Bruders des Opfers und der Tochter der Täterin erzählt, so der Rezensent. Leider verrät der deutsche Klappentext diese Zusammenhänge, beklagt er. Wie der Roman die Themen Schuld, Gerechtigkeit, Familie, Verantwortung behandelt, findet Eimermacher gleichwohl unterhaltsam.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 18.09.2020

Rezensentin Sonja Hartl liest Steph Chas Krimi mit Spannung. Wie die Autorin die wahre Geschichte der Erschießung einer 15-Jährigen durch eine koreanische Ladenbesiterin im Los Angeles im Jahr 1992 zum Anlass für eine Geschichte um Gewalt und ihre Auswirkungen auf zwei Familien nimmt, findet Hartl bemerkenswert. Gespür für die Atmosphäre der Stadt und die Arten der Diskriminierung von schwarzen und koreanischen Bürgern prägen den Text laut Hartl, der trotz weitreichender gesellschaftlicher und politischer Fragestellungen perspektivisch nah bei den Figuren bleibt und auf Schuldzuweisungen verzichtet. Hochaktuelle, spannende Lektüre, findet die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.08.2020

"Auge um Auge", Zahn um Zahn lautet das leitende Prinzip für die Figuren in Steph Chas Roman "Brandsätze". Nichts mehr als Gerechtigkeit - als Rache wünschen sich die beiden Familien in dieser Geschichte, die an realen Vorkommnissen angelehnt ist, so Rezensentin Sylvia Staude. 1991 erschoss die amerikanisch-koreanische Geschäftsfrau Soon Ja Du in Los Angeles eine 15-Jährige Afroamerikanerin, die sie fälschlicherweise für eine Ladendiebin hielt. Das folgende Urteil wurde von vielen als zu milde empfunden und war unter anderem Auslöser für die Unruhen von 1992, bei denen 53 weitere Menschen getötet wurden, lesen wir. Das ist die gesellschaftliche und narrative Ausgangslage in Steph Chas raffiniert komponierter Rachegeschichte, so Staude. Obwohl der Roman vor der Black-Lives-Matter-Bewegung geschrieben wurde, leistet er einen wertvollen Beitrag zum Diskurs, meint die Rezensentin, da er vor allem die bleibenden Verletzungen durch Rassismus thematisiere, und den Zorn der Betroffenen spürbar mache. Zwar mag der Text nicht ganz frei von Klischees und Floskeln sein, was Staude zum Teil auch der Übersetzung zuschreibt, doch solche kleinen Schönheitsfehler tun der Wirkung dieses starken Romans keinen Abbruch, versichert die Rezensentin.