Marion Poschmann

Grund zu Schafen

Gedichte
Cover: Grund zu Schafen
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783627001179
Gebunden, 112 Seiten, 15,90 EUR

Klappentext

"Grund zu Schafen" heißt der zweite Gedichtband der gegenwärtigen Villa-Massimo-Stipendiatin. Die Dichterin zeigt uns die "Geometrie der Melancholie", erzählt uns von "Glasuren des Januar" und gibt lyrische Assoziationen zu Gemälden Cy Twomblys.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.11.2004

Wie können Naturgedichte heutzutage (in der "Spät-Moderne") aussehen, da der Traum der reinen poetischen Idylle längst ausgeträumt ist? Man konsultiere den neuen Band von Marion Poschmann, empfiehlt Michael Braun. Sie rekonstruiere klassische Formen "unter modernen Erkenntnisbedingungen", indem sie die Konventionen des Genres mit "kalkulierten Abweichungen" durchsetzt. Poschmann profanisiert - "100g Gras, wie Licht, das sich bewegte" - und erreicht damit eine Brechung des Identifikationszusammenhangs zwischen Subjekt und Natur. Doch es gehe ihr nicht um die Dekonstruktion, sondern darum, die traditionellen Formen und Vokabeln erneut nutzbar zu machen. "Es ist", schreibt Braun begeistert, "die Kunst der Marion Poschmann, die aus ihren syntaktischen Verankerungen gelockerten Wörter immer wieder in suggestiven Fügungen und in überraschenden Bild-Kombinationen um einen semantischen Kern zu ordnen, so dass scheinbar vertraute Dinge in neuem, nie gesehenem Licht aufstrahlen".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.11.2004

Im Titel des Gedichtbandes klingt an, was Jörg Drews für eine der poetischen Stärken Marion Poschmanns hält: die Verbindung von Konkretem und Abstrakten, von Begriffen und Bildern. Poschmann ist für Drews eine der großen Entdeckungen des vergangenen Jahres gewesen, und ihr nun vorliegender zweiter Gedichtband begeistert ihn aufs Neue. Bei ihr oder mit ihr kann man entdecken, schwärmt der Kritiker, dass Naturlyrik noch keineswegs am Ende ist, obwohl man bei vielen Gedichten Poschmanns gar nicht klar sagen könnte, wovon sie handelten. Insgesamt gelingen ihr die kürzeren Gedichte besser als die längeren, meint Drews, und staunt über ihre ungewöhnlichen Gedichtanfänge, mit denen sie entweder unauffällig ins Gedicht hineingleite oder ganz schroff einsetze. Metaphern gebe es bei Poschmann eigentlich nicht, stellt Drews fest, überhaupt sei ihre lyrische Sprache relativ intellektuell und nüchtern und viel weniger assoziativ als die Friederike Mayröckers, mit der Poschmann neuerdings häufiger verglichen würde. Bei Poschmann werden Worte oder Bilder hart gefügt, charakterisiert Drews ihr Schreiben, das klänge dann einfach und rätselhaft zugleich.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.11.2004

Diese Autorin ist an der Kritik völlig unbemerkt vorbeigegangen, ruft Michael Braun mit dem Stolz des Entdeckers aus. 2002 hätte die Autorin mit dem Roman "Baden bei Gewitter" debütiert, anschließend einen wunderbaren Gedichtband vorgelegt, in dem sie eine Serie von barocken Madonnen-Porträts vielfarbig und vielschichtig überarbeitete und übermalte, erklärt Braun. Schon im ersten Gedichtband habe sich Poschmanns Vorliebe für zyklische Strukturen gezeigt, der sie nun auch in ihrem neuen Buch "Grund zu Schafen" huldige. Das Wort Huldigung ist insofern nicht verkehrt, als Poschmann sich in diesem Band der altehrwürdigen Naturlyrik zuwendet, die sie zeitgemäß, versteht sich, rekonstruiert. Schon das Titelgedicht, so Braun, verkünde die programmatische "Abweichung von einem identifikatorischen Naturverhältnis" und signalisiere stattdessen einen Zusammenhang von Kausalität und Kreatur - schön seltsam, meint Braun. Überhaupt verwandele sich das Schaf - als Element der traditionellen Hirtenlyrik - in ein vielgestaltiges Wesen, das selbst industrielle Bearbeitungen vertragen könne. Es sei große Kunst, lobt Braun, wie es Poschmann gelingt, uns geläufige Naturphänomene wie den deutschen Nadelbaum oder ein Stück Rasen durch syntaktische Verschiebungen in neuen Sinnzusammenhängen aufleuchten zu lassen.
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