Jan Wagner

Guerickes Sperling

Gedichte
Cover: Guerickes Sperling
Berlin Verlag, Berlin 2004
ISBN 9783827000910
Gebunden, 83 Seiten, 16,00 EUR

Klappentext

Der Duft eines Weihnachtsbratens, der Name eines Stadtviertels - Neukölln -, ein einsamer Koffer am Flughafen - alles weckt hier Erinnerungen und Assoziationen. In dem Gedicht guerickes sperling gerät ein vermeintlich kühles, wissenschaftliches Experiment unvermittelt zur poetischen Apotheose, und die dezente Kraft einer Berührung vermag in Dolmen im wahrsten Sinne Berge zu versetzen: "als sie mich, wortlos, wie von ungefähr / am arm berührte. jener augenblick, / in dem die stütze fiel, der monolith / zu schweben begann."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.08.2004

Alexander von Bormann ging mit vorsichtiger Skepsis an die Lektüre, und umso schwerer wiegt sein Lob: "Formwissen" sei wieder angesagt beim Nachwuchs, doch Jan Wagners Gedichte widerlegen jeden Verdacht der bloßen modischen Geste. Im Gegenteil - der Rezensent ist voll des Lobes darüber, wie Wagner im Rückgriff auf den "hohen Stil" Denkprozesse und emotionale Nuancen in Poesie zu verwandeln. Jahreszeiten, Erwartungen-Enttäuschungen- Erfüllungen, Reisen und Landschaften, Kunsterfahrungen und historische Reminiszenzen und immer wieder überraschende Bildeinfälle bestimmen diese Gedichte", schreibt er und freut sich, dass der titelgebende Sperling aus dem Experiment des Otto von Guericke nicht nur für den nahenden Tod der Metaphysik einstehen muss, sondern auch ein "Grab in den Lüften" erhält. Und darüber, dass es gelingen kann, "Herbstgefühle zu bebildern, ohne dass je ein deja-vu-Gefühl aufkommt: 'die bäume liefern ihre früchte aus./ die kinderspiele, von den straßen gefegt,/ und alle häuser in geordneter flucht.'"

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.07.2004

Martin Krumbholz ist alles in allem von diesem Gedichtband von Jan Wagner recht angetan, und manche Verse, so der Rezensent dankbar, schenken in ihrer Mischung aus "Minimalismus und Eleganz" gar "so etwas wie Glück. Es handelt sich bei den Gedichten hauptsächlich um flüchtige Reiseimpressionen und Landschaftsbilder, die mit "unaufdringlichen Mitteln" einen angenehmen "Ton" erzeugen, lobt der Rezensent. Ihm gefallen die "überraschenden Metaphern", die ihm bei aller Originalität nie als "gesucht" erscheinen. Manchmal allerdings schlägt die "Lakonie" auch in "Banalität" um, so Krumbholz kritisch, den dennoch die souveräne Formbeherrschung und die treffenden Beschreibungen überzeugen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.03.2004

Von Überschwang zu sprechen, ist bei dieser Kritik nicht zu hoch gegriffen. Lothar Müller hat sich von Jan Wagners neuen Gedichten in anregende Unruhe versetzen lassen - eine Unruhe, die durch scheinbar befriedetes Wahrnehmungsterrain schwingt, die "das letzte Wort" hat in Wagners Lyrik. "Äußerst sprachbewusst", mit nur wenigen "Stolperschritten ins Ungefähre" und einem hohen Maß an "traumwandlerisch-beiläufiger Exaktheit" - so beschreibt der Rezensent die Gedichte dieses Bandes und ist hocherfreut über Wagners Neu-Aneignung klassischer lyrischer Formen wie Elegie, Ekloge oder Sonett. Niemals, so schreibt er, geschehe das in parodistischer Absicht, sondern um die extrem suggestiven, doch zugleich zurückhaltenden Bilder strengen Reimschemata auszusetzen, um sie dadurch zum Funkeln zu bringen. Kurzum: tolle Gedichte voller kühl "Virtuosität" und "logischer Widerhaken".
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de
Stichwörter