Jakob Nolte

Schreckliche Gewalten

Roman
Cover: Schreckliche Gewalten
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2017
ISBN 9783957574008
Gebunden, 340 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Eines Nachts verwandelt sich Hilma Honik in einen Werwolf und tötet ihren Mann. Von nun an sind ihre beiden Kinder auf sich selbst gestellt : immer in der Angst, die Bestialität liege in der Familie und könne auch von ihnen Besitz ergreifen. Während sich Iselin dafür entscheidet, in ihrer Heimatstadt Bergen mit ihren Mitbewohnerinnen die Terrorzelle "Mädchen im System" zu gründen, bereist Edvard die Ränder der Sowjetunion auf seinem Weg nach Afghanistan. Es beginnt eine fantastische Sinnsuche durch das 20. Jahrhundert und die Unwägbarkeiten menschlichen Verhaltens.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.09.2017

Lakonisch oder gar ökonomisch ist nichts in diesem "Monstrum" von einem Roman, meint Rezensent Christoph Schröder und ist nicht ganz sicher, was er davon halten soll. Denn Jakob Nolte versteht sein Handwerk, fährt der Kritiker fort, staunend, wie sicher der Autor sein "Feuerwerk" an Querverweisen managt. Und so lässt er sich bereitwillig ein auf die mit viel Historie angereicherte Horrorgeschichte um die Zwillinge Edvard und Iselin, die ihre Eltern verlieren - die Mutter zerfleischt, zum Werwolf geworden, den Vater  - und fortan auf sich allein gestellt durch das norwegische Bergen der Siebziger streiften: Iselin als feministische Terroristin, die Prostituierte kidnappt und Edvard als Vagabund durch verschiedene Sowjetrepubliken, erzählt der Rezensent. Das Spiel mit verschiedenen Jargons, Pointen, pornografischen und tarantinoesken Szenen, Popkultur, Trash und schwarzer Romantik mag seine Reize haben, meint Schröder: Auf Dauer geht ihm Noltes effektheischender und wohl kalkulierter "Hang zum Brillieren" allerdings ziemlich auf die Nerven.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.07.2017

Vor der Lektüre von Jakob Noltes zweitem Roman sollte man unbedingt ein paar Folgen einiger beliebiger amerikanischer Fernsehserien ansehen, empfiehlt Rezensent Michael Watzka, denn aus diesen nicht gerade üppig bestückten "Handlungs- und Dialogbaukästen" bedient sich auch Nolte scham- und scheulos und bastelt aus wahnwitzigen Plottwists, überzeichneten Pappfiguren und einem "endlosen Katalog an Motivplatitüden" eine Story zusammen, die greller und fragwürdiger kaum sein könnte, lesen wir. Das mag zunächst wie unbarmherzige Kritik klingen, ist jedoch ganz im Gegenteil als Lob gemeint, wie sich nach der Hälfte der Rezension herausstellt. Denn Noltes umfassende Parodie will vor allem eines, versichert Watzka: amüsieren. Das schafft sie seiner Ansicht nach auch, indem sie auf äußerst geschickte und geistreiche Weise den Narrativ-Zwang unterläuft und etliche Genreklischees ironisiert. Am Ende entsteht sogar und obendrein eine annehmbare Geschichte, freut sich der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.06.2017

Rezensent Martin Lechner hat sich gern von diesem "irrwitzig überdrehten Kettenkarussell" von einem Roman durchrütteln lassen. Geradlinigen Plot darf man in dieser abschweifungsreichen Geschichte um ein skurriles Geschwisterpaar - die Schwester Mitglied einer feministischen Guerillatruppe, der Bruder Gründer einer nihilistischen Straßenbande - allerdings nicht erwarten, warnt der Kritiker vor. Dafür birst das Buch geradezu vor wunderbaren "Durchgeknalltheiten" wie sprechenden Würmern und lässt die Siebziger nicht im Kostüm, sondern durch zahlreiche Exkurse, etwa zur japanischen Roten Armee aufleben, schwärmt Lechner. Die "kolloquial gepfefferte" Sprache haut rein, lobt der Rezensent, der diesen von einer tiefen Verzweiflung geprägten Roman gleich zweimal gelesen hat.
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