Feridun Zaimoglu

Die Geschichte der Frau

Roman
Cover: Die Geschichte der Frau
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2019
ISBN 9783462319422
Gebunden, 400 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Ein literarisches Abenteuer, ein großer Gesang, ein feministisches Manifest: Feridun Zaimoglus neuer Roman ist ein unverfrorenes Bekenntnis zur Notwendigkeit einer neuen Menschheitserzählung - aus der Sicht der Frau. Dieses Buch lässt zehn außerordentliche Frauen zur Sprache kommen vom Zeitalter der Heroen bis in die Gegenwart. Es sind Menschen, deren Sicht auf die Dinge nicht überliefert wurde. Weil Männer geboten, die Wahrheit tilgten und die Lüge zur Sage verdichteten. Diesen Frauen war es vorbehalten, schweigend unsichtbar zu bleiben oder dekorativ im Bild zu stehen. Doch nun sprechen sie - klar und laut, wie eine abgefeuerte Kugel....

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.03.2019

Mindestens ambivalent scheint Rezensent Tilman Spreckelsen das Buch gefunden zu haben - zu einer echten Beurteilung kann er sich nicht durchringen. Milde zurechtweisend ist, wie er von den Stimmen der zehn erfundenen Frauen spricht, die in ihren je eigens vom Autor zuerkannten Kunstsprachen "wie auf einer Bühnenrampe" zum Leser sprechen. Immerhin attestiert der Rezensent dem Autor Originalität in der Wahl und Charakterisierung seiner Figuren, die ihn dann aber kaum überzeugen konnten, manchmal findet er sie nachgerade "hilflos" in ihrer Darstellung. Begeistert klingt das nicht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.03.2019

Mit eben jener Leidenschaft, mit der der Verlag Feridun Zaimoglus "Geschichte der Frau" anpreist ("ein regelrechtes Wunder!"), verreißt Rezensent Burkhard Müller das Buch, das er mangels einem Zusammenhang der Episoden über zehn Frauen nicht mal als Roman bezeichnen möchte. Schon die Idee, stummen Frauen eine Stimme zu geben, findet der Kritiker nicht sonderlich originell - Ovid und Christine Brückner waren früher da, meint er und sieht Brückners "Wenn du geredet hättest, Desdemonda" hier fast plagiiert. Dass Zaimoglu von "der Frau" dann nur im generischen Singular schreibt, all seinen Heldinnen den annähernd gleichen, absurd altertümlichen Duktus in den Mund legt und seine überwiegend frei erfundenen Frauen nicht besonders viel Inhalt von sich geben lässt, macht es für den Rezensenten nicht besser. Zu viel "Absicht", zu wenig Literatur, meint er. Bei der Gastarbeiterin Leyla, der Zaimoglu bereits 2006 einen Roman widmete und die hier noch mal einen Auftritt hat, sieht Müller den Autor allerdings zu alter Form auflaufen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 12.03.2019

Über Feridun Zaimoglus neuen Roman haben die Kritiker ihr Verdikt gefällt, und nun lässt auch Jörg Magenau seiner Verachtung freien Lauf und dem Roman keine Chance. Eigentlich sei die "Geschichte der Frau" sowieso kein Roman, findet Magenau, sondern eher eine Sammlung von einzelnen Kapiteln, in denen Zaimoglu zehn Frauen seine Stimme leiht: Zippora, der Frau des Moses, der in Wittenberg als Hexe verbrannten Prista Frübottin, einer Kieler Trümmerfrau, der West-Berliner Gastarbeiterin Leyla. Magenau sieht darin eine Anmaßung, eine Machtausübung, die sich als Befreiung ausgibt. Aber nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich fällt der Roman bei Magenau durch, der geradezu brutal gegen "inhaltsarmes Schwadronieren", "atemloses Stammeln"und "hochgeschraubte Imponierprosa" einprügelt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.03.2019

Rezensent Johannes Franzen empfindet es nicht als Problem, dass mit Feridun Zaimoglu ein männlicher Autor versucht, die Geschichte im Namen der verleugneten Frauen neu zu schreiben. Was ihn an Zaimoglus Projekt stört, ist die Umsetzung: Der Autor lasse weibliche Figuren aus Mythologie und Geschichte zu Wort kommen, darunter sehr bekannte wie Antigone und weniger bekannte wie die Attentäterin Valerie Solanas. Laut Kritiker erscheinen die Erzählerinnen dabei aber allzu oft viel mehr als Chronistinnen der Taten ihrer männlichen Zeitgenossen denn als Protagonistinnen. Darüber hinaus klingen die Berichte der Frauen für Franzen alle wie "von der Planierraupe einer bemühten Kunstsprache eingeebnet", sodass zuletzt doch nur die männliche Stimme des Autors bleibe.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.02.2019

Dass die jüngst mit dem Alfred-Kerr-Preis augezeichnete Kritikerin Marie Schmidt ihr Metier versteht, zeigt schon ihre Beschreibung Zaimoglus als "gemessen an der Breite seines Werks großen Schriftsteller". Nicht gerade nett. Man muss aber sagen, dass sie sich intensiv mit dem Buch auseinandersetzt und auch sein Werk kennt: Zaimoglu betreibe die Anverwandlung ans Weibliche nicht zum ersten Mal, viele seiner Bücher haben weibliche Protagonisten. Hier geht's um Frauen in historischen Übergangsmomenten von biblischer Zeit bis in die Gegenwart, erläutert Schmidt, tendenziell autonome Frauen, die eine "alternative Weltgeschichte" hätten schreiben können. Schmidt liest die Geschichten mit Interesse, hält sich aber mit dem Urteilen eher zurück. Was ihr allerdings auffällt, ist, dass Zaimoglus Sprache bei aller Empathie, die sie ihm durchaus zugesteht, bei einem sehr männlichen Stil der " Sprachbeherrschung, Sinnkontrolle und Kraftausdrücke" bleibe.
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