Eric Rohmer

Elisabeth

Roman
Cover: Elisabeth
Rogner und Bernhard Verlag bei Zweitausendeins, Hamburg 2003
ISBN 9783807701431
Gebunden, 240 Seiten, 15,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Marcus Seibert. "Elisabeth" spielt in den letzten Wochen vor Kriegsausbruch 1939 in einem fiktiven Vorort von Paris. Junge Leute, Müßiggänger der oberen Schichten, genießen den Sommer und ahnen nicht, daß es der vorerst letzte unbeschwerte sein wird. Im Mittelpunkt stehen zwei ungleiche Männer, der lebenszugewandte Abiturient Bernard und der etwas ältere, grüblerische Michel. Michel beneidet Bernard um seine Leichtigkeit, denn er selbst ist schwerfällig und unentschieden. Er ist mit einer "reiferen Frau" verlobt, kann sich aber nicht endgültig zu dieser Beziehung bekennen. Er trennt sich vorübergehend von ihr und gerät in gefährliche Nähe zu einer anderen ...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.08.2004

Leicht und unbeschwert fühlt sich Wolfgang Matz nach Lektüre dieses Romans, der erstmals 1946 unter dem Pseudonym Gilbert Cordier in Paris erschien und in dem Irene und Michel planen zu heiraten. Zweifel kommen auf, als Michel eine andere Frau kennen lernt. Dann mischen auch noch, grinst der Rezensent, viele Freunde mit, und so "ergeben sich zwischen Michel, Irene, Elisabeth, Jacqueline, Francoise, Hugette, Bernard und Claire (um nur die wichtigsten zu nennen) ungezählte Variationsmöglichkeiten". Diese Konstellation sei natürlich ein "typischer Rohmer", so Matz, was sich auch "wie gewohnt, in endlosen leichten, anmutigen, aber auch um ehrlich zu sein, etwas inhalts- und gedankenarmen Gesprächen" niederschlägt. Die Personen essen zwar "ungeheure Mengen symbolträchtigsten Obstes", aber man könne den Roman, der im Paris 1939 spielt "mit einiger interpretatorischer Energie" als dialektischen Vorboten des weniger anmutigen Krieges verstehen, was der Rezensent aber eher ablehnt. Er glaubt: "Wer Eric Rohmer liebt, wird auch "Elisabeth" lieben; für die anderen ist der Roman zwar anmutig (!) und leicht (!), aber doch auch ungewöhnlich harmlos".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.05.2004

Auch in Frankreich, so der mit "j.be" zeichnende Rezensent, weiß kaum jemand, dass Filmregisseur Eric Rohmer seine künsterlische Laufbahn literarisch begonnen hat, nämlich mit dem 1946 unter dem Pseudonym Gilbert Cordier bei Gallimard erschienenen Roman "Elisabeth". In seiner Besprechung erläutert der Rezensent den Roman denn auch eher im Licht und im Hinblick auf Rohmers späteres filmisches Werk. Nicht nur dass die Geschichte um die Suche nach einer verlorenen Jugend kurz vor Kriegsausbruch bereits viele - für Rohmer typische - Dialoge aufweise, auch in den "nuancierten Beschreibungen der Gestik der Protagonisten sowie des Lichts und der Schauplätze" sei Rohmers filmischer Blick schon zu erkennen. Ebenso das Romanpersonal: Zahlreiche spätere Filmfiguren findet der Rezensent hier schon "entworfen" oder sogar "präzis vorgezeichnet". Interessant findet der Rezensent aber vor allem, dass der Leser hier - im Gegensatz zu den Filmen - die Gedanken der Figuren erfährt, und somit Einblick in die Dynamiken erhält, die Gedankliches und Gesagtes verbinden: Verheimlichung, Misstrauen, Projektion und Provokation.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.03.2004

Erfreut zeigt sich Rezensent Jörg Sundermeier über die Wiederentdeckung von Eric Rohmers "Elisabeth" von 1946. Zwar findet Sundermeier darin "keine große Literatur", aber immerhin einen "guten Roman", der eine "angenehm leichte Lektüre" biete. Wie auch immer: eines steht für Sundermeier fest: Rohmer, der neben Francois Truffaut, Jean-Luc Godard, Jacques Rivette und Claude Chabrol zu den großen Erneuerern des französischen Films gehörte, ist auch "Literat und nicht nur schreibender Filmer". Im Sommer 1939, am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, spielend, dreht sich in "Elisabeth" alles um eine Reihe von jungen Menschen - Claire, Bernhard, Michel -, auf denen nicht nur die Hitze, sondern auch die späte Pubertät lastet. Sie flirten miteinander und verlieben sich, mehr oder weniger erfolgreich. Bald wird das Land besetzt und das Bürgertum, das mit nichts anderem als der Hitze und leichten Liebesanfällen ringe, endgültig besiegt sein. Sundermeier hebt hervor, dass sich das liberale Bürgertum nach Ansicht Rohmers in ganz Europa nie mehr rekonstituieren konnte, "es blieb nach dem Zweiten Weltkrieg immer eine Parodie seiner selbst". Zugleich zeige Rohmer in diesem "feinen, seltsam unpsychologischen" Roman, "dass dieses leere Weitermachen, das das Bürgertum nach dem Krieg prägte, schon davor angelegt war - die Figuren grenzen ihre Sehnsüchte ein, handeln nach Konventionen und erlauben sich keine Ausbrüche."
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