Charles King

Odessa

Leben und Tod in einer Stadt der Träume
Cover: Odessa
Edition Tiamat, Berlin 2023
ISBN 9783893202980
Kartoniert, 392 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Marek Feldon. Von Alexander Puschkin und Isaac Babel über den zionistischen Abtrünnigen Wladimir Jabotinsky bis hin zum Filmemacher Sergei Eisenstein - eine erstaunliche Anzahl von Genies hat Odessa, den legendären Hafen der kosmopolitischen Freiheit am Schwarzen Meer, geprägt. Charles Kings "Odessa", das sich auf eine Fülle von Originalquellen stützt und den ersten detaillierten Bericht über die Zerstörung der jüdischen Gemeinde der Stadt während des Zweiten Weltkriegs enthält, ist sowohl Geschichte als auch Elegie - eine lebendige Chronik einer echten multikulturellen Stadt und ihrer bemerkenswerten Widerstandsfähigkeit in den letzten zwei Jahrhunderten. In seinem aufwändig recherchierten Buch erweckt King die Geschichten der Russen, Juden, Türken, Griechen, Italiener, Deutschen und Rumänen zum Leben, die die durch und durch gemischte Stadt Odessa ausmachen. Kings Fähigkeit, die Geheimnisse der Stadt - sowohl die schönen als auch die dunklen - zu enthüllen, bietet ein faszinierendes Prisma, durch das sich Odessa ganz anders betrachten lässt als andere Städte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.08.2023

Rezensent René Schlott liest interessiert Charles Kings Buch über Odessa, eine Stadt, die viele Kriege gesehen hat, bevor ein großer Teil ihrer historischen Bauten von russischen Soldaten 2023 in Schutt und Asche gelegt wurde. Der Rezensent erfährt allerhand über den Namensursprung, der entweder von Katharina II. oder einer bulgarischen Stadt herrührt. Die historische Entwicklung der Hafenstadt verbindet King mit Biografien ihrer berühmtesten Kinder oder zeitweiligen Bewohner - zum Beispiel Puschkin oder dem weitestgehend unbekannten Schriftsteller Babel, gebürtig Jabotinsky, ein bekannter Verfechter des Zionismus, resümiert Schlott. "Detailliert" liest Schlott vom jüdischen Leben in Odessa, von den Pogromen am Ende des 19. Jahrhunderts und von der Vernichtung der jüdischen Gemeinschaft während des Zweiten Weltkriegs. Da das Buch im Original schon 2011 erschien, kommen weder die Ausschreitungen von 2014 noch der Ukraine-Krieg vor. Trotzdem: Unbedingt lesenswert, findet der Kritiker.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.06.2023

Rezensent Micha Brumlik ist sehr angetan von Charles Kings Buch über Odessa. Denn spätestens seit der Annexion der Krim ist die Stadt zwar verstärkt auf den Radar der öffentlichen Wahrnehmung geraten, so Brumlik; wovon man aber immer noch wenig wisse, und worüber der amerikanische Historiker hier bestens aufkläre, betreffe vor allem das jüdische Leben in Odessa vor der Shoah: So liest der Kritiker hochinteressiert vom multikulturellen, "weltoffenen" Charakter der französisch, italienisch und jüdisch geprägten Handelsstadt im 18. Jahrhundert, die gleichwohl bis ins 20. Jahrhundert von antisemitischen Pogromen geprägt war, und deren Künstler der russischen Revolution ihre "Physiognomie" verliehen, so Brumlik. Auch, dass die jüdische Aufklärung ihre Wurzeln nicht in Deutschland, sondern in Georgien, der Ukraine und der Krim hatte, erfahre die Leserschaft von King. Besonders der Verweis auf den immer noch zu wenig gelesenen Autor und zionistischen Politiker Wladimir Jabotinsky lobt der Kritiker in dieser durchweg "informativen wie unterhaltsamen" Darstellung - lange habe er kein so gelungenes Buch mehr gelesen.