Bryan Washington

Lot

Geschichten einer Nachbarschaft
Cover: Lot
Kein und Aber Verlag, Zürich 2022
ISBN 9783036958699
Gebunden, 240 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Werner Löcher-Lawrence. Ein junger Mann sucht seinen Platz in der Welt: Der Sohn einer schwarzen Mutter und eines Latino-Vaters wird in Houston erwachsen. Er arbeitet im Restaurant seiner Familie, trotzt den Schlägen seines Bruders, muss zusehen, wie sein Vater langsam verschwindet. Und er entdeckt, dass er Jungs mag. Seine Geschichte wird verwoben mit Erzählungen über das Leben anderer Menschen der Stadt: Eine Affäre zwischen einer verheirateten Frau und einem Weißen eskaliert im Einwandererviertel; der Besuch einer Cousine aus dem krisengebeutelten Jamaika stellt alles auf den Kopf; ein lokaler Drogendealer nimmt sich orientierungsloser Teenager an, und zwei junge Männer meinen, einen unglaublichen Fund am Straßenrand gemacht zu haben.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 10.09.2022

Rezensent Carsten Hueck findet Gefallen an der rohen Erzählweise von Bryan Washington. In seinem Debüt, einem Erzählband mit 13 Geschichten, befasst sich der Times- und New-Yorker-Journalist mit dem rauen Leben in den einstigen "Einwanderervierteln" im texanischen Houston mit ihren afroamerikanischen oder hispanischen Bewohnern, die sich zwischen Drogen, Revierkriegen und Problemen mit weißen Besuchern irgendwie durchschlagen. Wie Washington "unsentimental", aber doch emotional tiefgründig von verschiedenen Figuren erzählt, immer aus der Ich-Perspektive eines namenlosen schwulen Jungen, den die Loyalität gegenüber seiner Mutter an die Gegend bindet, beeindruckt den Kritiker. Sprachlich gehe es dabei lässig-abfällig zu - "Crack-Nutten Schulen" und "verblödete Schwuchteln" zitiert Washington hier exemplarisch -, was Übersetzer Werner Löcher-Lawrence lebendig zu übertragen wisse; beispielsweise durch die Übernahme einzelner spanischer Phrasen. Packende und atmosphärisch dichte Erzählungen, die nicht die "Tristesse stilisieren", lobt Hueck.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.08.2022

Rezensentin Frauke Meyer-Gosau weiß nach der Lektüre von Bryan Washingtons Erzählband: Von Houstons East End hält man sich lieber fern. Das tun sogar die Figuren im Buch, die dort geboren, aufgewachsen oder gestrandet sind - wenn sie es können. Die Gründe sind vielfältig: Armut, Kriminalität, Drogen, Rassismus, Homophobie, you name it. Bryan Washington erzählt davon mit einer bestechenden Präzision und Eindringlichkeit, so Meyer-Gosau. Dabei spielt er geschickt und angenehm selbstbewusst mit verschiedenen "Stoffen, Perspektiven und Tonlagen". Ein junger Prostituierter; zwei Jugendliche, die ein fantastisches Wesen gefangen haben wollen; eine Jamaicanerin und ein Weißer, die einander nicht widerstehen können - das sind die Figuren in den Erzählungen Washingtons. Sie alle entstammen demselben geografischen und sozialen, eng abgesteckten Bereich, lesen wir, ein Bereich, in den Washington uns durch seine großartigen Geschichten Einblick verschafft, so die begeisterte Rezensentin.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 17.05.2022

Rezensent Marko Martin findet Gefallen an Bryan Washingtons "Lot". Der 1993 geborene afro-amerikanische Schriftsteller erzählt darin in der Ich-Form vom Abgehängtsein seiner Protagonisten in der texanischen Stadt Houston, das geprägt ist von abwesenden Vätern, Prostitution, Drogenhandel und -konsum. Die Stärke dieser Erzählung liegt darin, dass Washington seine Figuren nie zu reinen Opfern des Systems stilisiert oder eine falsche Solidarität der Ausgegrenzten behaupte, findet Martin. Besonders angetan ist Martin aber von den eindrucksvollen Frauenfiguren. "Lot" versammelt schnelle Geschichten, die dennoch ruhig und mitunter überraschend emotional erzählt sind, resümiert er.