9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 07.10.2023 - Internet

Hannes Stein fragt sich in der Welt, ob der neue Twitter-Eigner Elon Musk einem rechtsextemen und antisemitischen Drehbuch folgt: "Er hat die Accounts von bekannten amerikanischen Neonazis reaktiviert, judenfeindliche Memes verbreitet, Linksliberale daran gehindert, sich zu äußern, und zur Treibjagd auf einzelne Accounts aufgefordert, die ihm lästig wurden; natürlich hat er sich auch (ein Klassiker des Antisemitismus!) als Opfer der Juden dargestellt. Derzeit ruft er massiv dazu auf, die 'Anti-Defamation League' zu verbieten. (...) Kurz und schlecht, Musk erinnert immer mehr an Henry Ford, den genialen Autobauer, der die 'Protokolle der Weisen von Zion' - eine perfide antisemitische Fälschung - in Amerika importierte."
Stichwörter: Twitter, Musk, Elon

9punkt - Die Debattenrundschau vom 05.10.2023 - Internet

Die Plattform Bluesky könnte zum Twitter-Ersatz werden, verhält sich im Moment aber immer noch wie ein elitärer Club (unser Resümee). Andrian Kreye wirft in der SZ einen genaueren Blick auf den Bluesky-Chef. Der heißt Jack Dorsey, seines Zeichens ehemaliger Chef von Twitter und vertritt nicht die gleichen Ideen wie Elon Musk, nutzt nicht seine Plattform zur Verbreitung seiner kruden Ideen. Oder? "Es wäre natürlich ein hübsches Happy End, wenn man da nun einfach rüber- und besten Gewissens auf Bluesky weitermachen könnte." Dorsey investiert allerdings, ähnlich wie Musk, in eine Blockchain-Technologie, die eine dezentrale Währung, unabhängig von Banken zum Ziel hat. "Das ist im Kern eine klassenkämpferische, antikapitalistische Grundhaltung, wären ihre Protagonisten nicht so beinharte Unternehmer (...). Die haben dann weniger das Allgemeinwohl im Sinne." Außerdem unterstützt Dorsey offen den Impfgegner und demokratischen Präsidentschaftskandidaten Robert F. Kennedy Jr., ist also doch nur Elon Musk in still, glaubt Kreye.
Stichwörter: Musk, Elon

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.10.2023 - Internet

Die sozialen Medien werden häufig als Hort der Polarisierung bezeichnet, was dabei übersehen wird, dass sie zum großen Teil auch Horte des Schulterklopfens unter Gleichgesinnten sind. Die wanderten nach der Twitter-Übernahme durch den immer krasseren Elon Musk im letzten Jahr zu Mastodon ab, wo sich die linke Blase nun mit sich selbst langweilt. Bluesky ist nun aber in aller Munde als eine wirklich mögliche Alternative zu Twitter, berichtet unter anderem Gereon Asmuth in der taz. Vorerst scheint es aber auch hier noch zuzugehen wie in einem alternativen Café: "Das Fehlen der rechten Trolle liegt auch an der exklusiven Zugangsregel, die Bluesky noch vorhält. Rein kommt man erst nach wochenlanger Wartezeit - oder waren es gar Monate? Oder wenn man einen Einladungscode hat. Den dürfen Schon-User an ihnen genehme andere in kleine Dosen weitergeben. Kritikern gilt Bluesky daher als elitärer Club. Die Firma will mit der Zugangsbeschränkung nicht nur einen organischen Aufbau sichern, sondern Spammer und 'Bad User', die versuchen, die öffentliche Meinung zu manipulieren, raushalten. Also Musk. Trump. AfD-Trolle. Putin-Spam."

Für ZeitOnline unterhält sich Maja Beckers mit dem Kulturwissenschaftler Vladimir Alexeev, der durch KI eine "neue Kulturepoche" anbrechen sieht. Er plädiert dafür, das Potenzial für die Kunst zu erkennen: "Im 20. Jahrhundert kamen viele neue Medien dazu, das passiert nun wieder: Es kommen Maschinen zur Anwendung, Algorithmen, Modelle, die extra dafür geschaffen werden. Und die eben auch jenen offenstehen, die früher gesagt hätten: 'Ich bin kein Künstler, denn ich kann nicht malen.'". Außerdem meint er: "KIs sind keine Plagiatoren, (…) weil die Inhalte, mit denen so ein Modell einmal trainiert wurde, nicht mehr da sind. Sie liegen nicht wie ein Stapel Papier in einer Schublade, auf die das Modell dann zugreift. Das Modell verfügt nur noch über semantische Vektoren. Deshalb finde ich auch den Begriff des 'stochastischen Papageis' falsch, der so gern für Sprachmodelle benutzt wird. Denn hier wird nichts nachgeplappert - hinter der Entstehung der Texte steckt weitaus mehr als bloße Wahrscheinlichkeitsberechnung."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 27.09.2023 - Internet

In einer kurzen Mitteilung verkündete der Meta-Konzern die Einstellung des Nachrichten-Angebots "Facebook-News", berichtet Welt-Kritiker Christian Meier. Die Begründung: Die Nutzer interessierten sich nicht für politische Inhalte. Das entspricht wohl auch der Wahrheit, denn der Anteil der Nachrichten-Postings auf der Plattform betrug im Herbst letzten Jahres nur drei Prozent, so Meier. Es lässt sich also zum einen eine "bewusste Entpolitisierung der Plattform" beobachten, meint Meier, damit wird "Facebook (wieder oder wieder mehr) zu einem Ort der privaten Banalitäten, des unverkrampft Persönlichen und der möglichst harmlosen Unterhaltung". Zum anderen sei die "Abschaltung auch im Interesse von Meta, die seit Jahren mit Vorwürfen kämpfen müssen, wie ihre Plattformen für politische Desinformation instrumentalisiert werden kann". Aber, für den Konzern bedeute es auch die Loslösung von Medienunternehmen, mit denen es in der Vergangenheit oft zu juristischen Auseinandersetzungen kam: "Ein früher Höhepunkt war der Start von 'Instant Articles', einem Projekt, bei dem sich komplette Artikel innerhalb der Plattform lesen ließen. Schon dieses Vorhaben brachte den teilnehmenden Medienmarken kaum Vorteile - sondern verschaffte vor allem Facebook eine gesteigerte Verweildauer seiner Nutzer. Gesteigerte Werbeerlöse oder gar digitale Abonnements für Medien ließen sich eher nicht erzielen."
Stichwörter: Meta, Facebook

9punkt - Die Debattenrundschau vom 26.09.2023 - Internet

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In Zeiten von Klimakrise, Pandemie und vor allem dem Fortschreiten künstlicher Intelligenz vermisst die österreichische Philosophin Lisz Hirn in ihrem neuen Essay "Der überschätzte Mensch" das Menschsein neu. Im Welt-Gespräch mit Anna Schneider will sie den allgemeinen Alarmismus angesichts der Entwicklungen von KI nicht teilen: "Was uns fehlt, sind positive Szenarien. Szenarien darüber, wie künstliche Intelligenz unser Leben verbessern könnte, wie wir es zur Weiterentwicklung von Sozialem oder überhaupt des Menschen einsetzen können - jenseits von posthumanistischen Phantasien. (…) Man kann ganz eindeutig sagen, dass die Maschine immer einen Zweck erfüllt. Insofern ist sie nicht wie eine andere Person für mich, sie ist kein Selbstzweck. Die Maschine ist kein Du, sondern ein Es. Das Spannende ist die Frage, wie viel Bedeutung oder wie viel Einfluss dieses Es auf unser Leben hat. Ich glaube, das ist es der Punkt, wo das Unbehagen entsteht. Wenn wir sehen, dass wir stärker auf die Maschine angewiesen sind, dass sie uns kontrolliert, uns auswertet. Aber auch das macht die Maschine ja nicht aus einem Eigeninteresse heraus, dahinter stehen Konzerne und hinter denen stehen wiederum Menschen. Daher knüpft diese Angst eigentlich an der falschen Stelle an."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 13.09.2023 - Internet

Auf Amazon kann man mittlerweile eine Menge Bücher finden, die von KI verfasst wurden, weiß Adrian Lobe in der NZZ. Professionell gestaltet sind sie, der Inhalt ist allerdings oft höchst fragwürdig, so Lobe. Die Bücher erscheinen oft unter dem Namen von Ghostwritern, deren Profile kompletter Fake sind - mittlerweile bedienen sich die Fälscher aber auch der Namen berühmter Autoren: "Amazon hat einige Fake-Titel entfernt. Doch gegen die Zweckentfremdung ihrer Werke und Namen haben Autoren kaum eine Handhabe. Die amerikanische Autorengewerkschaft Authors Guild und die Buchhändlervereinigung American Booksellers Association haben deshalb die amerikanische Verbraucherschutzbehörde FTC aufgefordert, die Praktiken zu untersuchen. Die Mykologische Gesellschaft in New York schlug Alarm, weil Pseudoratgeber falsche und womöglich tödliche Tipps zum Pilzesammeln geben."
Stichwörter: Künstliche Intelligenz

9punkt - Die Debattenrundschau vom 07.09.2023 - Internet

Dass die sozialen Medien zur Polarisierung der Öffentlichkeit und durch das perfide Wirken der Algorithmen zur Radikalisierung der Nutzer beitragen, ist inzwischen ein Topos in allen soziologischen Analysen. "Genau diese Kaninchenloch-Theorie wird nun von der Studie in Science Advance entkräftet", schreibt Maximilian Probst in der Zeit: "Die Forscher haben dafür Ende 2020 mehrere Monate lang die YouTube-Nutzung von 1181 Personen mit einer eigens installierten Browser-Erweiterung ausgewertet. Das Resultat: Nur sechs Prozent der Teilnehmer hatten Videos mit extremistischen Inhalten gesehen. Ihren Weg zu diesen Videos fanden sie vorwiegend über Links von anderen Websites oder weil sie die entsprechenden Videokanäle gezielt abonniert hatten - also gerade nicht über einen radikalisierenden Empfehlungsalgorithmus. 'In dem von uns beobachteten Zeitraum waren solche Empfehlungen sehr selten und stark auf Personen konzentriert, die bereits Videos von extremistischen Kanälen anschauten', sagt der Studienleiter Brendan Nyhan, der am Dartmouth College Politik lehrt."  Probst zitiert weitere Studien, die die Radikalisierungsthese entkräften.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 30.08.2023 - Internet

Auf qantara kritisiert der Publizist Abdullah Jbour ein vom jordanischen Parlament ratifiziertes Gesetz gegen Cyber-Kriminalität. Nur ein Monat verging von der Vorlage des Entwurfes bis zur tatsächlichen Verabschiedung, schreibt er. Wie viele Journalisten und Menschenrechtsaktivisten im Land sieht er die Meinungsfreiheit in Gefahr: "Das neue Gesetz mag einige positive Aspekte haben - zum Beispiel kann es zur Bekämpfung von Identitätsdiebstahl, sexueller Erpressung und Menschenhandel dienen. Aber es wird die Veröffentlichung und Verbreitung von Informationen kriminalisieren (einschließlich dessen, was die Regierung als 'Fake News' und 'Verleumdung' ansieht). Außerdem wird es den Staatsanwälten weitreichende Befugnisse zur Durchsetzung des Gesetzes einräumen. Darüber hinaus verwendet das Gesetz vage und weit gefasste Begriffe, wie 'Wahrheit', 'nationale Einheit', 'Aufruhr' und ähnliche Begriffe, die leicht nach Belieben ausgelegt und instrumentalisiert werden können."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 25.08.2023 - Internet

China-Expertin Rebecca Arcesati vom Mercator Institute for China Studies hält zwar nichts von einem Verbot von Tiktok in westlichen Ländern, macht aber im Gespräch mit Chris Köver von Netzpolitik auf die Gefahren des Dienstes aufmerksam. Einerseits kann China von allen Unternehmen qua Gesetz auch alle Daten einfordern. Noch wichtiger aber findet Arcesati das Thema der Einflussnnahme. "Die größere Frage ist für mich die Manipulation von Inhalten: ob TikTok Inhalte bevorzugen könnte, die für die Kommunistische Partei Chinas vorteilhafter sind oder sogar demokratische Prozesse wie Wahlen manipulieren. Die Kontrolle von Inhalten ist etwas, an dem die Kommunistische Partei Chinas sehr interessiert ist. Es ist die Idee, die öffentliche Meinung nicht nur im eigenen Land zu beeinflussen, sondern auch außerhalb. Das haben wir nach der Covid-19-Pandemie gesehen, als chinesische Diplomat:innen eine Welle von Desinformationen in westlichen sozialen Medien veröffentlichten."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.08.2023 - Internet

"GPT ist im Grunde der Tsunami der Kosmopolitismus-Debatte": GPT forciert mit "neuer Wucht die Klärung universell gültiger Werte", meint der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski, der in der NZZ von den Herausforderungen berichtet, KI Moral zu lehren. Ein Buch zum Thema hatte er bereits vor drei Jahren veröffentlicht. "Was die Moral von Sprach-KI betrifft, so ist diese vor allem amerikanisch geprägt. Das ergab eine Studie, die GPT-3 einen australischen Entwurf für schärfere Waffengesetze zusammenfassen ließ. GPT sah darin einen Angriff auf das Recht der Selbstverteidigung und riet den australischen Staatsbürgern, ihre Abgeordneten zum Einspruch gegen das Gesetz aufzufordern. Die Sicht von GPT war geprägt vom Zweiten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung aus dem Jahre 1791, wonach das Recht auf den Besitz und das Tragen von Waffen nicht eingeschränkt werden dürfe. Der Aufsatz, der im März 2022 über diese Verzerrung berichtet, trägt den Titel: 'Der Geist in der Maschine hat einen amerikanischen Akzent: Wertekonflikt in GPT-3.' Wenn dieser Geist per GPT in alle Welt getragen wird und heikle Fragen wie Abtreibung, Meinungsfreiheit, Sterbehilfe auf seine Weise beantwortet, kommt das einem heimlichen Kulturexport per Technik gleich. Es ist, wie Wolfram Eilenberger formulierte, die Fortsetzung des Kulturimperialismus mit KI-Mitteln."

In der SZ berichtet Philip Bovermann von den Klagen gegen das "Internet Archive", das nicht nur Websites speichert, sondern auch Kulturerbe digitalisiert und wie eine Leihbibliothek anbietet: Ganze Bücher, Livekonzerte, eine Viertelmillion Videos und Games sind hier zu finden - Ziel ist es, möglichst die gesamte Kulturgeschichte zu digitalisieren. Erst klagten die Verlage, nun mehrere Plattenfirmen: "Im Archiv befinden sich rund 3000 Musikstücke aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die mit dem charakteristischen Knacken alter Schellackplatten aufgezeichnet wurden, aber auch auf Streamingdiensten angeboten werden - digital gereinigt, ohne Knacken. Stücke von Frank Sinatra sind darunter, auch traditionelle Lieder auf Jiddisch und Tschechisch. (…) Die Plattenfirmen sehen einen entstandenen Schaden von bis zu 412 Millionen US-Dollar - eine Summe, die eine spendenfinanzierte Organisation wohl kaum bezahlen könnte, selbst wenn die Kläger nur teilweise recht bekämen. Das Internet Archive erhöht jetzt den Einsatz. Es hat angekündigt, Berufung einzulegen gegen die Einigung mit den Verlagen, die es gerade erst ausgehandelt hat."