Serhij Zhadan

Die Erfindung des Jazz im Donbass

Roman
Cover: Die Erfindung des Jazz im Donbass
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783518423356
Gebunden, 394 Seiten, 21,95 EUR

Klappentext

Aus dem Ukrainischen von Juri Durkot und Sabine Stöhr. Herman, ein junger Werbeunternehmer, wird von einem ominösen Anruf aufgeschreckt: Sein Bruder, der am Rande der Steppe eine Tankstelle betreibt, ist spurlos verschwunden. Am Ort des Geschehens trifft Herman auf die Angestellten seines Bruders, verliebt sich in Olha, die eigenwillige Buchhalterin, und versucht, die Tankstelle vor den Attacken eines einheimischen Oligarchen zu retten. Dabei wird ihm klar, dass weit mehr auf dem Spiel steht: nämlich das Glück und der Sinn des Lebens. Serhij Zhadan verwandelt in seinem neuen Roman das Industrierevier Donbass in eine fantastische Landschaft, wo Steppennomaden auf Geisterfahrt gehen und sich die Spur der geheimnisvollen amerikanischen Anarchistin und Jazzkomponistin Gloria Adams verliert. Easy-Rider-Atmosphäre am Rande Europas: Hier wird der Traum von der Freiheit noch einmal ganz anders geträumt: als Suche nach Heimat inmitten der Grenzenlosigkeit.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.02.2013

Ja, der Mann kann schreiben, versichert Katharina Granzin, die dem ukrainischen Autor Serhij Zhadan außerdem attestiert, "das Absurde aufs Wundersamste mit dem Romantischen" verbinden zu können und dabei auch Slapstick- und Slacker-Elemente nicht zu kurz kommen zu lassen. Im vorliegenden Roman erzählt er höchstens indirekt eine jazzige Geschichte, nämlich die von Hermann, der in der Großstadt sein Geld mit irgendwas in irgendeiner Agentur verdient und plötzlich zurück ins Donbass muss, um die Tankstelle seines verschwundenen Bruder zu übernehmen. Völlig reflexionsfrei sei dieser Hermann, erklärt Granzin, der Leser folge ihm eher in einer Kette von Tagträumen als bei Gedanken. Mitunter hat das die Rezensentin erschöpft und ermüdet, aber am nächsten Tag hat sie trotzdem das Buch wieder mit Freude vom Nachttisch genommen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.01.2013

Wunderbar findet Judith Leister an diesem Roman des Ukrainers Serhij Zhadan weniger den Plot und die Figurenführung als Zhadans Sinn für Slapstick, eingängige Bilder und psychedelische Visionen. All dies weiß der Autor laut Rezensentin mit begnadetem sprachlichem Können ins Buch zu wuchten. Gut gefallen ihr die Momente völliger Losgelöstheit, etwa wenn Zhadans Held einem matriarchalischen Mongolenzug begegnet, gegen Maisbarone streitet oder der Autor synästethisch Charlie Parkers Kunst beschreibt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.01.2013

Über die Handlung von Serhij Zhadans Roman "Die Erfindung des Jazz inm Donbass" erfahren wir von Thomas E. Schmidt nur das Nötigste: Ein Protagonist namens Hermann zieht aus Charkow in die ostukrainische Provinz, um sich um die Tankstelle zu kümmern, die sein nach Westeuropa ausgewanderter Bruder zurückgelassen hat. Das Soziotop, das Hermann rund um die Tankstelle vorfindet, beschreibt der Rezensent dagegen ausführlich als ein fantastisches Wunderland voller skurriler Figuren. Die Gewichtung scheint dem Roman zu entsprechen, denn Schmidt versichert, Zhadan sei "nicht zimperlich, die Dose mit Figuren und Begebenheiten ordentlich vollzustopfen". Bei aller Fülle vermisst der westlich sozialisierte Leser bisweilen die Tiefe, meint der Rezensent, schiebt aber sogleich hinterher, dass dies eben ein "wahrhaft ukrainischer Roman" ist, der auch erzählerisch zwischen Westen und Osten changiert. Alles in allem also eine faszinierende Lektüre, meint Schmidt, nur das Ende hätte dann doch nicht ganz so kitschig ausfallen müssen.
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