Josef Foschepoth

Überwachtes Deutschland

Post- und Telefonüberwachung in der alten Bundesrepublik
Cover: Überwachtes Deutschland
Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, Göttingen 2012
ISBN 9783525300411
Gebunden, 378 Seiten, 34,99 EUR

Klappentext

Millionen und Abermillionen Postsendungen wurden Jahr für Jahr, Tag für Tag aufgebrochen, ausgewertet und teilweise vernichtet. Millionen und Abermillionen Telefonate wurden abgehört. Von und im Auftrag der ehemaligen Besatzungsmächte, aber auch von den Westdeutschen selbst. Nahezu alle eingehende Post aus der DDR und massenweise Briefe und Pakete aus anderen osteuropäischen und kommunistischen Staaten wurden angehalten und zensiert. Die Telefon- Fernschreib- und Telegrafenleitungen von und zur DDR, nach und von Berlin und in die übrigen osteuropäischen Staaten, aber auch innerhalb der Bundesrepublik, ins westliche Ausland und Durchgangsleitungen von Ost nach West wurden systematisch überwacht und abgehört. Die alte Bundesrepublik zwischen 1949 und 1989 war ein großer, effizienter und effektiver Überwachungsstaat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.07.2013

Wie feige deutsche Politiker tatsächlich sind, die sich über NSA-Spitzeleien empören, lernt Joachim Güntner aus diesem bereits vor dem aktuellen "Skandal" erschienenen Buch des Historikers Josef Foschepoth. Güntner empfiehlt den Band als das Buch zur Diskussion schlechthin, weil es die nötige Tiefenschärfe bietet, geheime Akten als Quellen heranzieht und neue Fakten präsentiert, die den Rezensenten staunen lassen: Welches Ausmaß die Bespitzelung der Bürger durch Nachrichtendienste des Bundes und die Siegermächte schon immer hatte. Seine historiografische Aufgabe versieht der Autor laut Rezensent mit der nötigen Detailtreue und Gründlichkeit, von mancher Redundanz, die Güntner dem komplexen Stoff geschuldet sieht, großzügig abgesehen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.05.2013

Jan Korte würdigt Josef Foschepoths Buch über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs in der alten Bundesrepublik als "Standardwerk". Er attestiert dem Autor, die Bedeutung der Postzensur und Telefonüberwachung als zentralen Teil der Weststaatsbildung zu belegen. Deutlich wird für ihn darüber, dass es in der Geschichte der BRD immer noch Leerstellen gibt. Anhand der Auswertung von bislang geheimen Dokumenten weist Foschepoth für Korte überzeugend den massenhaften, systematischen Eingriff ins Postgeheimnis ohne Rechtsgrundlage nach. Auch der historische Kontext dieser Überwachung - Westbindung, antikommunistische Hysterie, konservatives Staatsverständnis und zahlreiche alte Nazis in führenden Funktionen in den Behörden - wird seines Erachtens erhellend dargestellt. Sein Fazit: ein Werk, dass den Fokus einmal nicht auf die Erfolgsgeschichte der BRD, sondern auf deren Problemgeschichte legt und vor Augen führt, "wie anfällig die Exekutive für jede Machterweiterung ist".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.11.2012

Adenauer als Abhörchef im Dienste der Alliierten? Franziska Augstein reibt sich die Augen angesichts einer eigentlich unglaublichen, leider wahren Geschichte, recherchiert durch den Historiker Josef Foschepoth in geheimen Archiven, niedergelegt in diesem lesenswerten Buch. Dass die Bespitzelung der eigenen Bevölkerung keine exklusive Spezialität der DDR war, sondern Adenauers freie, rechtsstaatliche und demokratische Bundesrepublik dem keineswegs nachstand, kann Augstein hier nachlesen. In Zahlen sah das folgendermaßen aus: rund 90 Millionen beschlagnahmte beziehungsweise geöffnete Postsendungen zwischen 1951 und 1972, gerechtfertigt von den Alliierten und ihrem willigen Vollstrecker, der Adenauer-Administration, mit der Bedrohung durch den Osten. Wenn der Autor hier den "schweren Verfassungsbruch" konstatiert, wundert sich Augstein nicht weiter. Dass die Vorbehaltsrechte (vulgo Spitzelberechtigung) der Alliierten bis heute nicht aufgehoben wurden, überrascht die Rezensentin dagegen schon. An die Souveränität Deutschlands kann sie nach dieser Lektüre nicht mehr so recht glauben.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.10.2012

Rainer Blasius ist fassungslos. Was die Studie des Freiburger Historikers Josef Foschepoth ans Licht bringt, ist ein Skandal, findet er. Der Monografie wünscht er darum größte Aufmerksamkeit. Allerdings schränken die repetetive Struktur und die juristisch gespitzte Feder des Autors das Lesevergnügen ein, meint Blasius, der überdies ein Personen- und Sachregister schmerzlich vermisst. Am brisanten, vom Autor detailliert aufgestellten Befund, dass sich die Bundesregierung zwischen 1955 und 1972 zum Handlanger alliierter Interessen gemacht und sich am Grundgesetz vergriffen hat, indem sie nachweislich über 100 Millionen Postsendungen aus der DDR öffnete beziehungsweise vernichtete, ändert das allerdings nichts. Die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der dahinter steckenden Gesetzmäßigkeiten, hervorgegangen aus der Pariser Konferenz der Siegermächte, vermag der Autor dem Rezensenten zu entdecken.
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