Heinz Schilling

Martin Luther

Rebell in einer Zeit des Umbruchs
Cover: Martin Luther
C.H. Beck Verlag, München 2012
ISBN 9783406637414
Gebunden, 714 Seiten, 29,95 EUR

Klappentext

Mit 51 Abbildungen und 4 Karten. Kein anderer Deutscher hat die Geschichte Europas zwischen Mittelalter und Moderne stärker geprägt als er. Der Wittenberger Mönch Martin Luther bietet Kaiser, Papst und Kirche die Stirn, will die Universalreform der Christenheit, begründet aber den Protestantismus. Damit treibt er zugleich die Entstehung der Territorialstaaten mächtig voran und verhilft auch einem Verständnis des Individuums zum Durchbruch, das den modernen Menschen wesentlich ausmachen wird. Heinz Schilling stellt diesen welthistorischen Rebell in seine Zeit und zeigt eindrucksvoll das Andere und Fremde an ihm. Er schildert ihn nicht als einsamen Heros, sondern als Akteur in einem gewaltigen Ringen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.07.2013

Differenzierte Geschichtsschreibung mit genussfördernder Reduktion empfiehlt Niklaus Peter zum anstehenden Reformationsjubiläum. Wie vielfältig die religiösen Mentalitäten zur Zeit der Reformation tatsächlich waren und wie sich europapolitische wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen damals ausnahmen, lernt der Rezensent bei Heinz Schilling. Dass der Autor aus seiner Faszination für den Homo religiosus kein Hehl macht, gefällt Peter, der bei der Dreiteilung des Buches in Geburtsjahr Luthers, Wittenberger Zeit und Spätzeit und der einbeziehenden Erörterung von Luthers Hang zu Absolutismen und apokalyptischen Gegensätzen doch nie den Erzählfaden des Ganzen verliert: den Blick auf Luthers Mut und Sendungsbewusstsein.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.12.2012

Wichtig erscheint der Kulturhistorikerin und Rezensentin Ulinka Rublack diese Luther-Biografie des Historikers Heinz Schilling wegen des Versuchs des Autors, Luther als Mensch seiner Zeit zu begreifen und damit gerade seine komplexe Fremdheit uns gegenüber zu unterstreichen. Schilling zerstört laut Rublack nicht nur so manchen Mythos um den Reformator, sondern zeigt ihn uns auch als großen Wittenberger Netzwerker mit spiritueller Nähe zu Karl V. Für Rublack legt die Lektüre nahe, wie diese Verbindung den Weg zu Pluralismus und Moderne den Weg ebnete, eine diskussionswürdige These, meint die Rezensentin, die die Beurteilungsweise des Autors mitunter als etwas zu rigoros empfindet. Im Ganzen jedoch gefällt ihr das Buch als lebendige, umfassende, quellennahe Einordnung Luthers in seiner Fremdheit uns gegenüber.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.11.2012

Luthervereinnahmung ade!, jubelt Dirk Pilz geringfügig verfrüht mit Blick auf das 500-jährige Jubiläum des Thesenanschlags von 1517. Aber dass der Wittenberger schließlich das Recht auf eine eigene Zeitgenossenschaft erhält, Luther ein Mann seiner Zeit, macht Pilz froh. Zumal den Versuch der wegweisenden Entmonumentalisierung kein Geringerer unternimmt als Heinz Schilling, der laut Pilz womöglich als einziger den Überblick hat, Abstand und die nötigen Detailkenntnisse nicht nur Luther, sondern auch die Umbruchphase der Frühen Neuzeit betreffend und den Kaiser, den Luther in Worms trifft und der ihm näher war als angenommen, wie der Autor dem Rezensenten zu zeigen vermag. Ergebnis ist laut Pilz ein Luther zwischen Gott und Teufel, der uns herzlich fremd ist. Dies Trennen zwischen Luthers Wirken und seiner Wirkungsgeschichte findet er fundamental wichtig, dies Verankern des Mannes in seiner Zeit, der Reformationszeit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 31.10.2012

Inwieweit Martin Luther noch immer ein Quell sowohl widersprüchlicher als auch fruchtbarer Entwicklungen ist, lernt Thomas Kaufmann bei der Lektüre dieser, wie er findet, epochalen Biografie zum Reformator. Dass der Historiker Heinz Schilling den Eislebener in einen derart ausgewogenen historischen Kontext stellt, findet Kaufmann allein schon rekordverdächtig. Hinzukommt für ihn die gleichfalls gerechte Darstellung von Luthers Zeitgenossen, Hutten, Erasmus, Reuchlin etc. sowie das Herausarbeiten von Luthers Anteil am Gang der Neuzeit. Für Kaufmann geht es darum, herauszufinden, ob dem Autor die Balance gelingt zwischen dem Individuellen und dem Epochalen. Laut Rezensent erfüllt der Autor diesen Anspruch mit Bravour, kulminierend für Kaufmann in seiner Darstellung des Wormser Reichstags, der Urszene der Reformation als showdown - Kaiser trifft Reformator. Damit, findet Kaufmann, räumt der Autor nicht nur mit dem protestantischen Mythos auf, er zeigt Luther dem Leser auch unaufdringlich und sprachlich brillant in seiner Modernität. Neue Blicke auf alte Sachverhalte, sinnvertiefende Bilder - das beste nichttheologische Lutherbuch weit und breit, jubelt der Rezensent.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.10.2012

Bernhard Lang weiß diese voluminöse Biografie über Martin Luther von Heinz Schilling zu schätzen. Er bescheinigt dem Historiker, den deutschen Reformator im Vorblick auf das Lutherjahr 2017 als "selbstbewussten Propheten" zu schildern, der schon früh ein Bewusstsein für seine Mission entwickelte. Schillings Schilderung der Begegnung Luthers mit Karl V. in Worms ist für ihn einer der Höhepunkt des Werks. Er unterstreicht die Sympathie, die der Autor für den Augustinermönch und Übersetzer der Bibel hegt. Dass Schilling für aktuellere kulturwissenschaftliche Ansätze, die Themen wie Körper und Medien akzentuieren, wenig übrig hat, verschweigt Lang nicht. Sein Fazit: eine dem historischen Paradigma verpflichtete, überzeugende Arbeit.