Claudia Klischat

Morgen. Später Abend

Roman
Cover: Morgen. Später Abend
C.H. Beck Verlag, München 2005
ISBN 9783406529764
Gebunden, 288 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Nach einer Liebesnacht mit der wesentlich älteren Babs Stanebein wacht der junge Pizzabote Tom morgens auf und weiß nicht mehr, wer die Frau neben ihm ist, was geschehen ist und wo er eigentlich ist. Erst allmählich und bruchstückhaft kommen die Erinnerungen wieder: Es dämmert ihm, dass er am Vorabend jemanden niedergeschlagen und beraubt hat. Toms Leben, aber auch sein Geist sind aus den Fugen geraten, er flieht vor dem Mann, den er angegriffen hatte, ohne Schuhe auf die Straße - es ist Silvester -, folgt einer fremden Frau in ihre Wohnung und landet am Ende völlig zerrüttet bei San, seiner Freundin.
Der zweite Teil erzählt aus der Sicht von Veit, der straffällig geworden ist und von zu Hause abhaut, da sich seine Mutter ohnehin nicht um ihn kümmert. Er wird beim Trampen von einem Müllfahrer mitgenommen und gerät in dessen verworrene Lebensverhältnisse, wobei sich herausstellt, dass eines seiner Kinder der schizoide Tom ist, ein anderes San. Am Ende kehrt Veit zu seiner Mutter zurück, und es kommt zu einer prekären Versöhnung.
In der dritten Geschichte trifft der Leser nun auf Babs Stanebein, die über ihren Liebhaber, ihre Nachbarin und ihr Leben räsonniert und einen missglückten Versuch unternimmt, sich arbeitslos zu melden. Atemlos, sprachmächtig, wie in einem Fiebertraum, zieht uns diese Prosa in ihren Bann, entfaltet sich der Roman dieser begabten Autorin durch drei Geschichten, die sich überlagern und ergänzen, wobei der Schluss in den Anfang zurückführt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.07.2005

Joachim Otte warnt eindringlich davor, sich von dem "kriminell aussagelosen" Titel nicht abhalten zu halten, denn bei Claudia Klischat habe es der Leser keineswegs mit einem neuen Fräuleinwunder zu tun. Die Frau kann was! Ihr Debüt verbindet die Geschichten dreier Menschen, die miteinander verbunden sind, aber nicht mehr mit der Realität. Da sind Babs, die unter chronischem Gedankenwust leidet, Tom, der sich in seinem schizoiden Bewusstsein Erinnerungen durch Einbildungen ersetzt, und schließlich Veit, ein jugendlicher Straftäter und psychotischer Selbst-Ironiker. Großartig findet Otte, wie gekonnt Klischat "repetetiv-hypnotischen Strukturen" oder auch eine "Syntax mit ausgefeilter Gangschaltung" entwirft. Zum Schluss legt Otte dann aber selbst die Handbremse an: Klischat kann viel, aber nicht so viel wie sie möchte. Ihr "Vorsprung durch Technik" mache nicht wett, dass ihr doch die Welt fehle.